Das Nachbarrecht kennen – und Streit vermeiden
Wohnen im Grünen – das ist der Traum von vielen Hauseigentümern. Daher pflanzen die Deutschen in ihren Gärten gerne zahlreiche Bäume und Sträucher an. Oftmals werden diese auch als Eingrenzung für das Grundstück verwendet. So lässt sich selbst in einem Reihenhausgarten in der Stadt die Illusion vom Wohnen im Grünen erzeugen. Was für den Garteneigentümer jedoch das Paradies bedeutet, kann für den Nachbarn ein Dorn im Auge sein. Denn nicht jeder begeistert sich für hohe Bäume oder Sträucher an seiner Grundstücksgrenze. Daher führen Bäume und Sträucher, insbesondere wenn diese nah an der Grundstücksgrenze stehen und hochgewachsen sind, zu Streitigkeiten mit dem Nachbarn. Die Frage ist also: Gibt es Grenzabstände, die für das Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern gelten? Und wenn ja: Was besagen diese? Leider ist die Antwort auf diese Fragen recht kompliziert.

Hausbau-Kataloge:
In den brandneuen Hausbau-Katalogen findet garantiert jeder sein Traumhaus!
In diesem Artikel erhalten Sie die wichtigsten Informationen zu folgenden Punkten:
- Überblick über die rechtliche Situation
- Informationen zu den Regelungen in den einzelnen Bundesländern
- Überblick über Rechtsfolgen, wenn Grenzabstände nicht eingehalten werden
- Tipps zum praktischen Vorgehen, um Streitigkeiten über Grenzabstände zu vermeiden

Hintergrund: Warum kommt es zu Streitigkeiten über Bäume und Sträucher an der Grundstücksgrenze?
Bäume und Sträucher sind gut fürs Klima. Sie bieten zahlreichen Tieren ein Zuhause oder Nahrung. Und die meisten Menschen, gerade Städter, genießen es, Früchte von den eigenen Bäumen oder Sträuchern zu ernten und zu verzehren. Allerdings ist die Liebe zu Bäumen und Sträuchern nicht bei allen Menschen gleichermaßen ausgeprägt. Gerade unter Nachbarn kommt es daher oftmals zu Streitigkeiten. Denn wenn Bäume und Sträucher eine bestimmte Größe erreicht haben, werfen sie oftmals lange Schatten. Ihre Wurzeln können bis auf das Nachbargrundstück reichen und dort Schäden anrichten. Und auch das Fallobst erfreut nicht jeden Nachbarn. Denn es muss entweder beseitigt werden oder es verrottet im Garten und zieht dann Tiere an. Außerdem gibt es immer wieder Diskussionen darüber, wie häufig Bäume und Sträucher zurückgeschnitten werden müssen. Um solchen Streitigkeiten vorzubeugen, gibt es rechtliche Regelungen: allen voran das Nachbarrecht.

Rechtliche Einordnung: Bäume und Sträucher als Gegenstand des Nachbarrechts
Nachbarrechtliche Vorschriften finden sich in mehreren Gesetzen, teilweise auch in Bundesgesetzen. Spezielle Vorschriften, die die Abstände von Bäumen und Sträuchern zur Grundstücksgrenze regeln, sind jedoch weder im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) noch einem anderen Bundesrecht verortet. Grundsätzlich hat in Deutschland ein Grundstückseigentümer daher zunächst einmal das Recht, auf seinem Grundstück so viele Bäume und Sträucher anzupflanzen, wie es ihm gefällt. Allein die Tatsache, dass Bäume und Sträucher dem Nachbargrundstück Sonnenlicht entziehen, stellt keine unzulässige Einwirkung auf das Eigentum des Nachbarn dar. Eine solche Beeinträchtigung liegt nur dann vor, wenn gegen konkrete Vorschriften verstoßen wird.
Die konkreten Vorschriften zu Abstandsregelungen von Bäumen und Sträuchern sind auf Landesebene geregelt: In fast allen Bundesländer existieren Regelungen zu Grenzabständen. Allerdings hat beinahe jedes Bundesland andere Regelungen. Einige Bundesländer kennen gar keine Abstandsregeln für Sträucher und Bäume. Und da, wo Regelungen existieren, sind diese für Laien oft nur schwer zu verstehen. Denn mitunter gibt es für nahezu jede Baum- oder Strauchart eine besondere Abstandsgrenze und diese gilt wiederum in Abhängigkeit der Pflanzenhöhe. Und einige der Einteilungen, die sich in den gesetzlichen Regelungen finden, sind selbst für Botaniker nur schwer nachvollziehbar.

Überblick: Welche allgemeinen Aussagen lassen sich zum Thema Abstandsregeln von Bäumen und Sträuchern machen?
In Deutschland gibt es keine einheitliche Antwort auf die Frage: Wie groß muss der Abstand von der Grundstücksgrenze sein, wenn ich eine Birke pflanzen möchte? Und eine Rosskastanie kann im einen Bundesland als stark wachsend und im anderen als sehr stark wachsend gelten. Diese Beispiele zeigen, wie kompliziert die Materie ist. Daher sollten Gartenbesitzer vor dem Anpflanzen eines Baums oder eines Strauches in der Nähe der Grundstücksgrenze im Zweifelsfall lieber bei der zuständigen Gemeinde nachfragen, welche konkreten Regelungen gelten.
Trotzdem gibt es einige grundsätzliche Regelungen, die als Faustformeln für eine erste Einschätzung herangezogen werden können. Die wichtigste ist: Je höher ein Baum oder Strauch ist, desto größer muss der Abstand zur Grundstücksgrenze sein. Ebenfalls gilt bundesweit, dass die Abstandsregeln des Nachbarrechts nur für die Grundstücksgrenzen zu privaten Grundstücken gelten. Die Grundstücksgrenzen zum öffentlichen Raum unterfallen nicht dem Geltungsbereich des privaten Nachbarrechts. Hier kommt es lediglich darauf an, dass Baum oder Strauch die Verkehrssicherheit nicht gefährden. Achtung: Wieder andere Regelungen gelten, wenn an das Grundstück ein landwirtschaftlicher Betrieb angrenzt.

Was gilt für Hecken?
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, was Juristen unter einer Hecke verstehen: Laut Definition handelt es sich um Bäume und Sträucher, die in einer Reihe angepflanzt werden. Deren Abstand ist so gewählt, dass die miteinander verwachsen können. Ob die Bäume oder Sträucher durch seitlichen Beschnitt in Form gebracht werden, ist für die Definition unerheblich. Als Faustregel gilt für Hecken in Deutschland: Hecken mit einer Höhe von maximal zwei Metern müssen einen Abstand zur Grundstücksgrenze von mindestens 50 Zentimetern haben. Alle Hecken, die höher als zwei Meter sind, müssen in einem Grenzabstand von mindestens einem Meter angepflanzt werden. Achtung: Die Regelungen in den einzelnen Bundesländern können hiervon jedoch deutlich abweichen.


Was gilt für Nutzgehölze?
Zu den sogenannten Nutzgehölzen zählen insbesondere Obstbäume und Beerensträucher. Allerdings wird in den meisten Bundesländern eine Differenzierung vorgenommen: Für Bäume, die Steinobst tragen, solche die Schalenobst tragen und Sträucher gelten unterschiedliche Abstandsregelungen.

Bäume im Garten – so gestalten Sie Ihren Außenbereich optimal
Bäume im Garten bieten einen wundervollen Anblick, spenden Schatten und sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Sie sollten von der Größe… weiterlesen
Was gilt für Ziergehölze?
Als Ziergehölze gelten solche Pflanzen, die im Garten eine rein zierende Funktion übernehmen, also weder Einfriedung sind noch essbare Früchte tragen. Zu den Zierhölzern gehören sowohl Laub- als auch Nadelbäume in unterschiedlichen Größen, Formen und Farben. In einigen Bundesländern gibt es für fast jede Art von Zierhölzern andere Regelungen für den Grenzabstand. Wichtig ist, dass es bei der Wachstumsstärke, auf die in der Regel bei den Abstandsgrenzen Bezug genommen wird, um die maximal erreichbare Wuchshöhe geht.

Länderrecht: Was gilt wo?
Der Blick auf einige der Bundesländer zeigt, wie unterschiedlich die Regelungen zu den Grenzabständen sein können. Zusätzlich kompliziert werden die Regelungen dadurch, dass sowohl nach Pflanzenhöhe als auch nach Pflanzenkategorie differenziert wird. Und in einigen Bundesländern gibt es gar keine Regelungen zu den Mindestabständen bei der Neupflanzung von Bäumen und Sträuchern.

Hier können sich Gartenbesitzer über die rechtlichen Regeln in ihrem Bundesland informieren. Aber wie gesagt: Zusätzlich sollte die zuständige Behörde bei der eigenen Gemeinde angerufen werden.
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Hamburg
- Hessen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Saarland
- Sachsen
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
TIPP
Nutzen Sie unseren kostenlosen Angebotsservice: Preise von Handwerkern vergleichen und bis zu 30 Prozent sparen
Hausbaukataloge
Tolle Hausbaulataloge mit viel Inspirationsmaterial
- Bundesweites Netzwerk
- Qualifizierte Anbieter
- Unverbindlich
- Kostenlos
Streitfall: Was sind die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung der Mindestabstände?
In vielen Fällen ist es gar nicht leicht nachzuweisen, dass der Grenzabstand nicht eingehalten wurde. Denn, wie oben bereits angesprochen, ist der erforderliche Mindestabstand in manchen Bundesländern auch von der Art der Pflanze abhängig. Manchmal bedarf es also einer gutachterlichen Stellungnahme, um herauszufinden, wie hoch eine bestimmte Pflanze bei dem Grenzabstand sein darf. Ist dies festgestellt, dann hat der Nachbar einen Anspruch darauf, dass der Gartenbesitzer seine Hecke auf die dem Gesetz entsprechende Höhe bringt.
Problematisch ist jedoch, dass dieser Anspruch nach fünf Jahren verjährt. Manchmal werden die Beeinträchtigungen durch einen Baum oder eine Hecke erst dann für den Nachbarn spürbar, wenn diese fünf Jahre verstrichen sind. In diesem Fall hat der Nachbar nur noch die Möglichkeit, die Kürzung der Pflanze zu verlangen, wenn eine nicht ortsübliche Beeinträchtigung besteht. Mehr Aussicht auf Erfolg besteht in der Regel, wenn sich der Nachbar an den Gartenbesitzer wendet und an das (gute) nachbarschaftliche Miteinander appelliert.

Praxistipp: Wie wird der Mindestabstand ermittelt?
Um den Grenzabstand korrekt ermitteln zu können, stellt sich die Frage: An welcher Stelle wird der Abstand zwischen Grenze und Pflanze gemessen? Auf der sicheren Seite sind Gartenbesitzer, wenn sie den Grenzabstand bis zu dem Trieb messen, der der Grenze am nächsten ist. Bei abschüssige Grundstücken muss darauf geachtet werden, dass die Strecke nicht parallel zum Boden, sondern in waagerechter Linie gemessen wird.

Fazit
In fast jedem Garten gibt es sie: Bäume und Sträucher. Oftmals werden sie, gerade bei kleineren Gärten in Ballungsgebieten, nahe der Grundstücksgrenze zum Nachbarn angepflanzt. Das wiederum ist für viele Nachbarn ein Ärgernis. Ob es sich dabei jedoch um einen Verstoß gegen rechtliche Regeln handelt, ist gar nicht so einfach zu beurteilen. Denn in Deutschland sind die Abstandsregelungen von Bäumen und Sträuchern zum Nachbargrundstück nur auf Länderebene geregelt. Jedes Bundesland hat unterschiedliche Regelungen, die zudem sehr kompliziert sind. Denn die Mindestabstände hängen in den meisten Bundesländern nicht nur von der Höhe der Pflanze ab, sondern auch von der Art der Pflanze. Im Zweifelsfall sollten Grundstückseigentümer sich vor dem Pflanzen von Bäumen oder Sträuchern bei der Gemeinde informieren, welche Abstandsregeln im konkreten Fall gelten.

Anbau, Hecke und Zaun: Rechtliches zu Grenzbebauungen
Was es beim Thema zu beachten gilt „My home is my castle“, sagen die Engländer. Dieser Satz, der übersetzt so… weiterlesen