Ein Hausbau oder Hauskauf ist für private Bauherren stets mit enormem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Dies gilt schon dann, wenn beim Bau alles (weitgehend) nach Plan läuft. Zusätzlich zu der eigenen finanziellen Situation sollten Bauherren immer auch ein anderes Szenario im Hinterkopf haben: die Insolvenz des Baupartners. Denn wenn Architekt, Bauträger oder Generalunternehmer zahlungsunfähig sind und dessen Geschäfte von einem Insolvenzverwalter übernommen werden, hat dies auch weitreichende Folgen für die Bauherren. In diesem Artikel erfahren Sie:
- wie die rechtliche Situation der Bauherren im Falle der Insolvenz des Baupartners aussieht,
- welchen Unterschied es macht, ob es sich dabei um den Architekten, den Bauträger oder den Generalunternehmer handelt und
- wie man das Risiko einer Insolvenz beziehungsweise deren Auswirkungen reduzieren kann.
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Hintergrund: Worum geht es bei der Insolvenz eines Baupartners?
Der Bau oder Kauf eines Hauses ist für nahezu alle privaten Bauherren ein einmaliges Unterfangen und gleichzeitig die größte finanzielle Investition, die sie im Leben tätigen. Es gibt zahlreiche Unwägbarkeiten rund um die Auswahl des passenden Objektes, die Gestaltung der Immobilie, deren Lage und die Auswahl der Baupartner. Wenn der Baupartner oder einer der Baupartner dann während der Bauphase oder aber auch innerhalb der Gewährleistungsfrist insolvent wird, dann ist dies für die Bauherren ein Fiasko. Denn es bedeutet zunächst einmal, dass alle Arbeiten auf der Baustelle ruhen.
Doch wie häufig kommt es tatsächlich zu einer Insolvenz eines Bauunternehmens? Trotz boomender Baubranche muss davon ausgegangen werden, dass jedes Jahr rund 3000 Bauunternehmen Insolvenz anmelden. Damit gehen Unternehmen der Baubranche zwar deutlich seltener insolvent als Unternehmen anderer Branchen, das Risiko ist jedoch real. Es wird für private Bauherren relativ gesehen noch größer, da vorrangig kleinere Bauunternehmen von der Insolvenz betroffen sind. Und aufgrund der Größe von privaten Baumaßnahmen arbeiten Bauherren meist eher mit kleineren als mit ganz großen Bauunternehmen zusammen. Im Schnitt, so Berechnungen von Creditreform, bedeutet die Insolvenz des Bauunternehmens für dir Bauherren einen Schaden in Höhe von rund 30.000 EUR.
Wie erkannt man, ob ein Bauunternehmen von Insolvenz bedroht ist?
Für Bauherren ist es nicht einfach zu erkennen, ob ein Baupartner von der Insolvenz bedroht ist. Denn natürlich lassen sich Bauunternehmen von (potenziellen) Kunden nicht in die Buchhaltung schauen. Allerdings ist eine Insolvenz nur sehr selten etwas, was plötzlich kommt. In der Regel ist es ein Prozess, der dazu führt, dass das Unternehmen zahlungsunfähig wird. Auf jeden Fall sollten Bauherren vor der Vertragsunterzeichnung, spätestens jedoch bei einem Verdacht, auf der Internetseite www.insolvenzbekanntmachungen.de informieren, ob für das ausgewählte Bauunternehmen bereits ein Insolvenzantrag gestellt wurde.
Allerdings gibt es auch in der Zeit, bevor ein Insolvenzantrag gestellt wird, Anzeichen dafür, dass ein Bauunternehmen sich in einer finanziell sehr angespannten Lage befindet. Hellhörig werden sollten Bauherren in den folgenden Situationen:
- Es kommt auf der Baustelle immer wieder zu Unterbrechungen, die nicht (etwa durch starken Wintereinbruch) zu erklären sind.
- Die Baustelle macht einen unordentlichen Eindruck. (Bauzaun schließt nicht, Geräte sind nicht ordentlich aufgestellt, Materialien sind nicht wettergeschützt, obwohl dies notwendig wäre)
- Baumängel, die festgestellt und vonseiten des Bauunternehmens anerkannt wurden, werden nicht beseitigt.
- Materiallieferungen kommen wiederholt nicht wie angekündigt auf der Baustelle an.
- Subunternehmer stellen die Arbeit ein oder wenden sich direkt an die Bauherren.
- Das Bauunternehmen verlangt plötzliche Vorauszahlungen.
- Die Ansprechpartner der Bauherren bei der Baufirma sind nicht mehr wie gewohnt oder gar nicht mehr zu erreichen und es gibt auch keine Vertretung.
- Regelmäßige Baustellentermine (Besprechungen und Begehungen) werden vonseiten der Baufirma nicht mehr wahrgenommen oder wiederholt ohne schlüssige Begründung verschoben.
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Was bedeutet die Insolvenz für die Bauherren
Private Bauherren haben in aller Regel einen sehr engen Zeit- und Budgetplan. Erhöhen sich die Kosten oder verlängert sich die Bauphase, kann dies zu massiven Problemen für die Bauherren kommen, da in beiden Fällen nicht unerhebliche Zusatzkosten entstehen. Geht das Bauunternehmen während der Bauphase insolvent, so führt dies bei den Bauherren fast zwangsläufig zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen und finanziellen Einbußen.
Mit dem Insolvenzfall tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle des Bauunternehmens, dieser ist nun vertretungsberechtigt und führt alle Geschäfte. Daher ist der Insolvenzverwalter, und nicht mehr Leitung oder Mitarbeiter des Bauunternehmens, der einzige Ansprechpartner für die Bauherren. Alle Verträge zwischen Bauherren und Bauunternehmen bleiben zunächst einmal bestehen, sie ruhen nur. Der Insolvenzverwalter hat ein sogenanntes Wahlrecht, das bedeutet, dass er zwischen folgenden Optionen entscheiden kann:
- An dem Vertrag wird festgehalten, sodass beide Vertragsparteien ihre Pflichten wechselseitig erfüllen müssen. Das bedeutet, dass die Baufirma (unter der Leitung des Insolvenzverwalters) den Bau fortführt und die Bauherren gemäß Zahlungsplan Zahlungen leisen.
- Der Vertrag wird abgelehnt. In dem Fall muss der Insolvenzverwalter den Vertrag nicht erfüllen. Die Bauherren können eine berechtigte Forderung wegen Nichterfüllung stellen. Diese wird Teil der Insolvenzmasse. Wie viel Geld die Bauherren erhalten, hängt also davon ab, wie groß die Insolvenzmasse ist und wie viele Gläubiger (vor ihnen) bezahlt werden müssen.
Der Insolvenzverwalter wird in der Regel immer dann die Geschäfte fortführen, wenn es eine Chance gibt, dass das Unternehmen saniert werden kann. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es im Kern gesund ist. Um diese Entscheidung treffen zu können, muss der Insolvenzverwalter sich umfassend über dir wirtschaftliche Lage des Unternehmens informieren. Das bedarf Zeit. Daher können mehrere Monate vergehen, bis dass der Insolvenzverwalter von seinem Wahlrecht Gebrauch macht.
Der Vertrag befindet sich also in einem Schwebezustand. Das bedeutet, dass Bauherren abwarten müssen, bis der Insolvenzverwalter eine Entscheidung getroffen hat. Bauherren dürfen auf keinen Fall selbst nach einem anderen Baupartner suchen und weiterbauen. Denn sie sind nach wie vor an den Vertrag gebunden. Wie sich Bauherren konkret verhalten sollen, dazu finden Sie weiter unten genauere Informationen.
Außerdem sollten Bauherren wissen, dass die Tragweite einer Insolvenz des Baupartners maßgeblich davon abhängt, welche Funktion beim Bau der Baupartner innehat, ob es also um:
- einen Generalunternehmer,
- einen Bauträger oder
- einen Architekten geht.
Insolvenz eines Generalunternehmers
Bauen Bauherren mit einem Generalunternehmen, so lassen die Bauherren ihr Haus durch dieses Bauunternehmen auf einem eigenen Grundstück errichten. Das bedeutet, dass zumindest das Grundstück bereits den Bauherren (meist über die Finanzierung bei einer Bank) gehört. Jedenfalls wird das Grundstück nicht Teil der Insolvenzmasse. Entscheidet der Insolvenzverwalter sich, den Vertrag abzulehnen und die vertragliche Beziehung ist beendet, können die Bauherren auf dem Baugrund mit einem neuen Baupartner weiterbauen. Außerdem haben die Bauherren beim Bau mit einem Generalunternehmer die Möglichkeit, ein Kündigungsrecht für den Insolvenzfall in den Vertrag aufzunehmen. Ohne eine solche vertragliche Regelung stellt der Insolvenzfall auch beim Bau mit einem Generalunternehmer keinen Kündigungsgrund dar.
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Insolvenz eines Bauträgers
Bei einem Bauträger erwerben die Bauherren Haus und Grundstück vom Bauträger. Die Übertragung des Grundstücks erfolgt in diesem Fall zusammen mit dem fertigen Haus, also erst nach Fertigstellung. Vorher gibt es lediglich eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch, die die Rechte der Bauherren sichert. Diese rechtliche Konstruktion hat zur Folge, dass die Bauherren vor der endgültigen Eintragung ins Grundbuch nicht frei über das Grundstück verfügen können. Hier bleibt den Bauherren keine andere Chance, als auf die Entscheidung des Insolvenzverwalters zu warten.
Insolvenz eines Architekten
In der Regel ist es einfacher, eine Möglichkeit zu finden, mit einem neuen Baupartner weiterzubauen, wenn nur einer von mehreren Baupartnern von der Insolvenz betroffen ist. Trotzdem gilt auch hier: Die Verträge befinden sich, bis zu einer anders lautenden Aussage des Insolvenzverwalters, in einem Schwebezustand. Bauherren sind also nach wie vor daran gebunden. Bauen Sie mit einem neuen Baupartner, in dem Fall einem anderen Architekten, weiter, so können sie mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert werden.
Wie können Bauherren sich vor einer Insolvenz schützen oder wenigstens die Folgen abmildern?
Wie in dem vorherigen Absatz bereits angesprochen, ist es für private Bauherren quasi nicht möglich, mit Sicherheit zu erkennen, ob ein Unternehmen von der Insolvenz bedroht ist. Es gibt jedoch einiges, was Bauherren machen können, um die finanzielle Situation des (potenziellen) Baupartners besser einschätzen zu können. Außerdem gibt es Möglichkeiten, die Folgen einer Insolvenz des Baupartners abzumildern. Das sollten Bauherren beachten:
- Sorgfältige Auswahl des Baupartners:
Hierbei geht es sowohl um Informationen über die finanzielle Situation (über Wirtschaftsauskunfteien), als auch um Erfahrungen bisheriger Kunden mit dem Bauunternehmen (Referenzen). Denn im Kern gesunde Bauunternehmen wird der Insolvenzverwalter in der Regel wieder auf Kurs bringen können – und das bedeutet für Bauherren meist den geringsten finanziellen Verlust und die geringsten zeitlichen Verzögerungen. - Vertragliche Regelungen:
Je präziser die Regelungen im Bauvertrag sind und je klarer darauf geachtet wurde, dass die Bauherren nicht durch ungünstige Regelungen benachteiligt werden, desto besser ist die Position der Bauherren auch im Falle einer Insolvenz. - Zahlungsplan:
In einem Zahlungsplan wird detailliert festgelegt, wann die Bauherren welche Raten zahlen müssen. Das Wichtigste ist: Zahlungen erfolgen immer erst nach Erbringung der Leistung. - Keine Vorauszahlungen/Zahlungen einstellen:
Wenn ein Bauunternehmen, abweichend vom Bauvertrag, Vorauszahlungen fordert, dann sollten Bauherren stutzig werden und bis zu einer Klärung der Gründe keine Vorauszahlung leisten. - Sicherheitsleistungen:
Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung, dass in Verbraucher-Bauverträgen eine 5-prozentige Sicherheit festgelegt wird. Alternativ kann eine Fertigstellungsbürgschaft oder -versicherung abgeschlossen werden (Nachweis verlangen!). Besser ist es, eine höhere Sicherheit (10 %) vertraglich zu vereinbaren.
Wie sollten Bauherren im Insolvenzfall vorgehen?
Erhalten Bauherren die Information, dass der Baupartner insolvent ist, dann sollten diese vor allem keine vorschnellen Entscheidungen treffen. Dies ist Anbetracht der weitreichenden Folgen auf die Baumaßnahme sicher schwer. Aber gerade in dieser Situation können Bauherren die finanziellen Nachteile nur dann möglichst gering halten, wen sie planvoll vorgehen. Folgende Schritte helfen Bauherren, die Folgen der Insolvenz des Baupartners möglichst gering zu halten:
- Nicht weiterbauen:
Das Wichtigste ist (wie bereits erwähnt), dass Bauherren nicht einfach auf eigene Faust weiterbauen. Dies verschlechtert ihre Situation lediglich, statt sie zu verbessern. - Bausachverständigen einschalten:
Ein Bausachverständiger sollte die Baustelle begutachten und den Ist-Zustand zu Beginn der durch das Insolvenzverfahren eingetretenen Baupause dokumentieren. - Fachanwalt einschalten:
Ein Fachanwalt klärt die rechtliche Ist-Situation, berät, welche Schritte notwendig und möglich sind und führt Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter. - Sicherung der Baustelle:
In Abstimmung mit dem Bausachverständigen und dem Insolvenzverwalter sollten Bauherren abklären, in welcher Form die Baustelle während der Baupause gesichert (auch vor der Witterung) geschützt werden kann/muss.
Fazit
Auch wenn die Baubranche boomt, geraten jedes Jahr rund 3.000 Bauunternehmen in finanzielle Schieflage und müssen Insolvenz anmelden. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf jede betreute Baumaßnahme. Denn Verträge, die dieses Bauunternehmen abgeschlossen hat, sind im Insolvenzfall nicht automatisch unwirksam. Daher sind Bauherren im Falle einer Insolvenz zunächst an diese Verträge gebunden. Das bedeutet: Baustopp. Bauherren sollten sich daher vor dem Abschluss eines Bauvertrags gut über den potenziellen Baupartner informieren. Sie sollten zudem den Bauvertrag durch einen Fachanwalt prüfen/erarbeiten lassen. Auch während der Bauphase sollten Bauherren auf Anzeichen für eine (drohende) Insolvenz achten. Und tritt der Insolvenzfall ein, sollten Bauherren bestimmte Verhaltensregeln beachten und sich durch einen Fachanwalt sowie einen Baugutachter unterstützen lassen.
Rechtliche Stolperfallen in Bauverträgen
„Das ist Juristendeutsch. Das versteht kein Mensch!“, beschweren sich Nichtjuristen gerne, wenn es um Vertragsklauseln oder Formulierungen in Gesetzestexten geht.… weiterlesen