Was muss die Lüftungsanlage können, und wie lassen sich die Vorgaben umsetzen?
Ob luftdichtes Passivhaus, Niedrigstenergiehaus oder nachträglich gedämmtes Bestandsgebäude: In sehr vielen Wohnhäusern reicht die klassische Fensterlüftung heute nicht mehr aus, um in jedem Raum und zu jeder Tageszeit hygienisch einwandfreie Luft und Wohlfühlklima zu haben. Um die erforderliche und vom Gesetzgeber auch vorgeschriebene Mindestluftaustauschmenge zu erreichen, muss eine ventilatorgestützte Wohnraumlüftung eingebaut oder nachgerüstet werden.
Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung (WRG) sind nach aktuellem Stand der Technik die beste Option, um alle Gesundheits- und Energieeffizienzanforderungen zu erfüllen und das Gebäude vor Feuchte- und Schimmelschäden zu schützen. Diese Systeme verbessern die Wärme- und Energiebilanz des Gebäudes, indem sie die Wärme der Abluft nicht einfach mit der Fortluft entweichen lassen, sondern mittels Wärmetauscher auf die Zuluft übertragen und wiederverwenden.
Hinweis: Mehrfachnutzung der Zuluft und Rückgewinnung der Wärme sind Schlüsselfaktoren für energieeffiziente Lüftungen.
Die Ziele der Wohnraumlüftung sind der Schutz des Gebäudes vor Feuchtigkeit und die Sicherstellung hygienisch einwandfreier Luftverhältnisse für alle Nutzer in jedem Raum. Dazu sollte die CO₂-Konzentration bei durchschnittlich 1.000 ppm liegen. Dies wird von der Lüftungsanlage in einem Niedrigenergie- oder Passivhaus in aller Regel automatisch gewährleistet, auch wenn die Nutzer nicht zusätzlich lüften. Dennoch ist es sinnvoll, die Fensterlüftung zumindest für Intensivlüftungen (z. B. beim Kochen, nach dem Baden) mit einzuplanen, um überdimensionierte Anlagen und unnötige Kosten zu vermeiden.
Volumenströme ermitteln, Lüftungsanlage auslegen
Behagliche und gesunde Luft lässt sich schon mit einem vergleichsweise geringen Außenluftstrom erreichen. Gemäß DIN 1946-6 kann die vorgeschriebene Luftqualität durch die Zufuhr von 20 bis 30 m³ Außenluft pro Person sichergestellt werden. Dies entspricht der Lüftungsstufe „Reduzierte Lüftung“. Wenn Sie im Sommer gern mit weit offenen Fenstern schlafen oder das Bürofenster gekippt lassen, um den Eismann nicht zu verpassen, reicht die natürliche Belüftung natürlich aus.
Zur Auslegung einer Lüftungsanlage wird der erforderliche Gesamtvolumenstrom (Außenluft) ermittelt und jeder Raum als Zuluft-, Abluft- oder Überströmbereich definiert. Daraus und aus der Position der Lüftungszentrale ergeben sich Luftleitung und Luftverteilung. Zuluft- und Abluftstrang sollten möglichst gleich lang und das Leitungsnetz möglichst symmetrisch sein.
Die Kaskadenlüftung ist ein bewährtes Lüftungskonzept bei zentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Dabei wird der Außenluftstrom zuerst in die Wohnräume geleitet und dann über den Flur in Küche, Bad oder WC geführt, wo die Abluft gefiltert und abgesaugt wird. Dieses Konzept ist hygienisch besonders gut, da Zu- und Abluftbereiche optimal voneinander getrennt sind und die Luft dort abgeführt wird, wo die höchsten Belastungen auftreten. Eine sensorgestützte Bedarfsregelung hilft, optimale Luftverhältnisse mit dem geringsten erforderlichen Luftstrom sicherzustellen.
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Wann muss ein Lüftungskonzept erstellt werden?
Wer baut oder saniert, muss bereits in der Vorplanung oder Entwurfsplanung das Lüftungskonzept erstellen oder erstellen lassen. Dies ist die Verantwortung von Bauplanern wie Bauingenieuren oder Architekten, Bauherren oder auch dem Fachbetrieb, der Ihnen (s)eine Systemlösung verkauft und im Haus installiert. Das Lüftungskonzept ist für den Bauantrag relevant und muss nach Abschluss der Bauarbeiten überprüft werden, um sicherzustellen, dass es den Vorschriften entspricht.
Auch bei kleineren Sanierungen, bei denen die Vorgaben des GEG nicht greifen, sollten Bauherren und Sanierer darauf achten, dass die Raumluft den definierten Standards entspricht. Denn ein guter Luftaustausch sorgt nicht nur für gesunde und angenehme Wohn- und Arbeitsverhältnisse im Gebäude, sondern schützt auch die Bausubstanz und verlängert die Lebensdauer der Immobilie.
Hinweis: Bei der Planung der Lüftungsanlage sollten Sie sich auf jeden Fall von Fachleuten unterstützen lassen. Viele Hersteller von KWL-Lüftungsgeräten haben auch alle anderen Komponenten in zahlreichen Ausführungen im Sortiment und liefern Lüftungskonzepte und Komplettlösungen für jedes Wohngebäude „aus einer Hand“. Fachbetriebe, die herstellerunabhängig arbeiten, werben mit individuellen, perfekt abgestimmten Anlagen und optimaler Projektbegleitung – von der theoretischen und praktischen Planung über Montage bzw. Koordination der Gewerke, Inbetriebnahme, Messung und Einstellung bis hin zu (Fern-)Wartung und Reparatur.
Lüftungsanlage individuell planen und wirtschaftlich umsetzen
Eine Lüftungsanlage muss zahlreichen Anforderungen genügen und kann darüber hinaus individuelle Zusatzwünsche erfüllen.
Gesunde Luft
Der bessere Abtransport von Schadstoffen von Menschen, Einrichtungsgegenständen und Baustoffen reduziert das Risiko von Krankheiten, Allergien und Schimmel. Die Luftfeuchtigkeit und Temperatur in Räumen werden maßgeblich durch die Lüftung beeinflusst. Selbst in Gebäuden, in denen eine KWL nicht zwingend erforderlich ist, kann sie viel zur Verbesserung der Luftqualität beitragen. Außenluftfilter (z. B. Pollenfilter) und Abluftfilter müssen regelmäßig gewechselt werden; das können die Nutzer wartungsfreundlicher Anlagen ebenso selbst übernehmen wie das Reinigen der Leitungen.
Zugluft vermeiden
Zugluft, die den Komfort beeinträchtigt, zu Beschwerden führen und die Heizkosten erhöhen kann, lässt sich durch optimale Positionierung der Luftdurchlässe und Einstellung der Ventile/Düsen vermeiden. Sitzen Wandventile weit genug oben, strömt die Luft durch den (erwünschten) Coanda-Effekt besonders weit in den Raum hinein; ansonsten können Sie mit Weitwurfdüsen nachhelfen.
Leiser Betrieb
Der Schallschutz ist ein wesentlicher Aspekt bei der Planung von Lüftungsanlagen. Lüftungsgeräte sollten daher von anderen Bauteilen akustisch entkoppelt werden. Zwischen Lüftungsgerät und Verteiler kommt ein Schalldämpfer, damit der Geräteschall nicht ins Leitungssystem gelangt. Außerdem sollte die Anlage so ausgelegt sein, dass sie ihre normalen Aufgaben auch im mittleren Leistungsbereich gut schafft, denn bei hohen Drehzahlen machen Ventilatoren und Elektromotoren naturgemäß mehr Krach.
Bei Ventilatoren bedeuten gute Schallwerte immer auch gute Energieeffizienz. Geräteschall entsteht durch unrunden Lauf, Vibrationen und Verwirbelungen, außerdem beim An- und Abschalten und bei Lastwechseln. All das beeinträchtigt auch die Effizienz, u. a. durch Wärme- und Strömungsverluste, höhere Stromkosten und erhöhten Verschleiß.
Hinweis: Entscheidend für effiziente Ventilatoren ist die Drehzahlregelung. Fast alles, was die Lüftung kann, wird über die Drehzahl der Lüfter geregelt. In modernen Lüftungsgeräten sitzen daher Ventilatoren mit umrichtergespeisten bzw. elektronisch kommutierten (EC-)Motoren. Sie sind optimal ansteuerbar (z. B. über ein Bussystem) und arbeiten durch die Drehzahlregelung deutlich präziser, wirtschaftlicher und nahezu verschleißfrei.
Um Strömungsgeräusche zu minimieren, soll der Luftstrom nirgends schneller als 2,5 m/Sekunde sein. Auch die Querschnitte und Biegeradien der Rohre sind zu beachten; zu enge Kurven sorgen für Druckverluste und oft auch für Störgeräusche. Bei der KWL-Planung gelten Schallwerte unter 25 dB(A) in Wohnräumen als akzeptabel, da sie kaum wahrnehmbar sind.
Wärmerückgewinnung für maximale Energieeffizienz
Wärmerückgewinnung macht eine reine Zu- und Abluftanlage zur Komfortlüftung, die mit Sensoren und intelligenter Steuerung auch Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur regulieren kann. In Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung überträgt ein Wärmetauscher die Abluftwärme auf die Zuluft.
Es gibt verschiedene Arten von Wärmetauschern, die in KWL-Anlagen mit WRG integriert werden können: Zentrale Lüftungsgeräte für Ein- und Zweifamilienhäusern können mit Platten- oder Kreuzstromwärmetauschern bis zu 90 % der Wärme zurückgewinnen; dezentrale Geräte und Einzelraumlösungen setzen oft kleinere Plattenwärmetauscher oder keramische Speicher zur WRG ein.
Ein zusätzlicher Erdwärmespeicher kann verhindern, dass der Wärmetauscher des Lüftungsgeräts im Winter vereist. Auch Wärmepumpen und Klimaanlagenheizungen sind Wärmetauscher, die einen Luftstrom nach Bedarf abkühlen oder erwärmen können.
Komfortlüftung vs. Wärmepumpe: Womit kann ich mehr Energie und Kosten sparen?
Die Energieeffizienzsteigerung durch Wärmerückgewinnung berechnet sich aus den Lüftungswärmeverlusten. Diese betragen bei reinen Abluftanlagen oder klassischer Fensterlüftung zwischen 30 und 50 kWh/a/m2 (Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter). Mit einer gut geplanten Komfortlüftung können diese Verluste auf 5–10 kWh/a/m2 reduziert werden. Damit einher geht natürlich der zusätzliche Strombedarf während der Heizperiode, der jedoch mit etwa 1–3 kWh/a/m2 vergleichsweise gering ist.
Die Effizienz von Wärmepumpen wird oft durch die sogenannte Jahresarbeitszahl (JAZ) angegeben, die das Verhältnis zwischen der zugeführten elektrischen Energie und der erzeugten Wärmeenergie für ein Jahr unter realistischen Bedingungen darstellt. Je höher die JAZ, desto energieeffizienter arbeitet das System. Eine Komfortlüftung kann bei optimaler Planung eine JAZ von 15 oder mehr erreichen. Die meisten Wärmepumpen haben eine JAZ zwischen 3 und 7.
TIPP
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Sonnen- und Wärmeschutz
Sonnenschutz und Wärmeschutz sollten bei Neubauten und energetischen Sanierungen möglichst zusammen mit der Lüftungsanlage geplant werden. Bewegliche Sonnenschutzelemente wie Rollläden verhindern, dass sich Räume im Sommer zu stark aufheizen. In Smart-Home-Systemen können sie mit der Lüftung synchronisiert und automatisiert werden. Dann werden z. B. die Rollläden bei intensiver Sonneneinstrahlung automatisch geschlossen und die Ventilatoren nachts zur Zufuhr kühler Außenluft aktiviert.
Anlagen mit Wärmerückgewinnung benötigen seit 2016 einen sogenannten Sommerbypass (z. B. eine Bypassklappe im Zentralgerät). So können sie den Wärmetauscher umgehen und warme Raumluft gegen kühle Außenluft tauschen. An sehr heißen Tagen kann der Wärmetauscher auch zur aktiven Kühlung genutzt werden, statt ihn zu umgehen. Das sorgt selbst in tropischen Nächten für angenehme Schlaftemperaturen.
Eine gute Gebäudedämmung und Isolierfenster schützen vor Hitze; hohe Bauteilmassen können Wärmelasten wie Pufferspeicher zurückhalten, bis die Lüftung nachts die gespeicherte Wärme abführt und für Kühlung sorgt. Kühle Nachtluft kann auch über spezielle Lufteinlässe angesaugt werden, die sonst geschlossen bleiben.
Besserer Einbruchschutz
Auch der Einbruchschutz ist ein wichtiges Kriterium bei der Lüftungsplanung. Einbruchsichere, geschlossene Fenster bieten den besten Schutz. Es gibt auch die Möglichkeit, Lüfter mit WRG in Rollladenkästen zu integrieren oder nachzurüsten.
Geringe Wartungskosten
Wartung und Reparatur der Lüftungsanlage sind ebenfalls wichtige Kriterien bei der Auswahl von Lüftungsanlagen. Wartungsfreundlich heißt vor allem leicht zugänglich, außerdem sollten die Folgekosten für Verschleißteile und Zubehör möglichst gering sein. Komfortlüftungen erfordern generell nur wenig Wartungsaufwand. Die meisten Folgekosten entstehen durch den Austausch von Filtern. Um die Kosten gering zu halten, verwenden Sie hochwertige Filter mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis, die die Nutzer selbst austauschen können.
Alternierende Lüftungsgeräte (Pendellüfter) für dezentrale Lüftungsanlagen oder Nachrüstungen sind in der Wartung am aufwendigsten. Die Ventilatoren mit umkehrbarer Luftströmung werden immer paarweise verbaut und sitzen meistens in den Außenwänden. Für die WRG wird pro Lüfterpaar ein Wärmetauscher eingesetzt, der sowohl mit Zuluft als auch mit Abluft in Kontakt kommt und daher besonders sorgfältig gewartet und gereinigt werden muss, um Keimbelastungen und andere hygienische Probleme zu verhindern.
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