In den Medien ist in den vergangenen Jahren zu lesen, dass Flüsse, Seen und andere natürliche Gewässer wieder viel sauberer geworden sind. Trotz dieser positiven Meldungen sind immer mehr Medikamente im Trinkwasser zu finden. Die meisten davon sind chemisch sehr stabil. Das ist in der Regel eine wichtige Eigenschaft, schließlich sollen sie erst im Körper wirken. Im Grundwasser ist das problematisch, denn sie bauen sich nur sehr langsam ab und sind lange Zeit nachweisbar. Für Kläranlagen stellen Medikamente und deren Rückstände ein großes Problem dar, da es nur wenige Kläranlagen gibt, die sie entfernen können. Dadurch gelangen sie in den Wasserkreislauf und im Trinkwasser in jeden Haushalt.
Wo und wie häufig kommen die Medikamentenrückstände vor? Gibt es einen gesetzlichen Grenzwert?
Arzneimittelwirkstoffe, Zwischenprodukte der Verstoffwechslung und Transformationsprodukte scheiden Mensch und Tier nach der Verabreichung aus. Humanarzneimittel gelangen über das Abwasser zu den Kläranlagen, wo sie nicht weiter eliminiert oder zurückgehalten werden. Dadurch sind Arzneimittelrückstände ganzjährig in den Abläufen von Kläranlagen, aber auch in Flüssen, Seen und Bächen nachweisbar. Teilweise gelangen die Wirkstoffe ins Grundwasser und sind vereinzelt auch im Trinkwasser nachweisbar. Über den Klärschlamm gelangen diese Rückstände auf landwirtschaftlich genutzte Flächen und so auch wieder in den Nahrungskreislauf.
Zu den Medikamenten, die dabei nachweisbar sind, gehören viele Schmerzmittel, wie beispielsweise Diclophenac, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure oder Paracetamol. Auch Antibiotika, Betablocker, Psychopharmaka, Kontrastmittel und Psychopharmaka können nachgewiesen werden.
Hinzu kommen Rückstände von Medikamenten aus der Veterinärmedizin. Diese gelangen hauptsächlich durch Gülle und Mist, die auf landwirtschaftlichen Flächen als Dünger ausgebracht werden, in den Wasserkreislauf. Aber auch die direkten Ausscheidungen der mit Medikamenten behandelten Weidetiere und die darin enthaltenen Rückstände gelangen in den Boden. Einige Arzneimittel reichern sich im Oberboden an, andere versickern und gelangen so in das Grundwasser.
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Eine wichtige Medikamentengruppe stellen Antibiotika dar. Sie helfen bei bakteriellen Infektionen. Rückstände davon sind ebenfalls im Trinkwasser nachweisbar. Die Rückstände sind besonders gefährlich, weil dadurch Keime entstehen können, die gegen die Antibiotika resistent sind. In Europa sterben jährlich mehr als 30.000 Menschen an Infektionen durch Bakterien, weil die Antibiotika wirkungslos bleiben.
In Deutschland sind den Messprogrammen der Landesbehörden zufolge mehr als 414 verschiedene Wirkstoffe, Stoffwechselzwischenprodukte und Transformationsprodukte in der Umwelt nachweisbar. In den Gewässern betragen die Konzentrationen bis zu 0,1 μg/l. Besonders häufig sind Rückstände von Medikamenten gegen Epilepsie, Schmerzmitteln, Antibiotika, Kontrastmitteln und Betablockern zu finden. Besonders hoch sind die Konzentrationen von Wirkstoffen gegen Diabetes, Diuretika und blutdrucksenkende Arzneimittel. Da der Körper viele Medikamente gut verstoffwechseln kann, sind nicht immer die Ausgangswirkstoffe nachweisbar.
Bislang gibt es noch keine gesetzlichen Grenzwerte für Arzneimittel und deren Rückstände im Trinkwasser. Auch für Antibiotika gibt es keinen Grenzwert. Das liegt in erster Linie daran, dass die meisten Klärwerke noch keine Reinigungsstufe für diese Rückstände haben. Von den insgesamt rund 8900 Klärwerken in Deutschland hat nur ein geringer Prozentsatz eine vierte Reinigungsstufe, um diese Rückstände zu entfernen.
Info: Das Umweltbundesamt muss im Rahmen von Zulassungsverfahren für Arzneimitteln, die Umweltauswirkungen der Arzneistoffe bewerten. Dabei führt die Regierungsbehörde keine eigenen Analysen durch, sondern prüft die Daten, die die Antragsteller einreichen. Aufgrund dieser Daten macht die Behörde dann die Risikobewertung. Dabei ist gesetzlich genau vorgeschrieben, welche Testergebnisse und welche Informationen für die Umweltprüfung erforderlich sind.
Wie gelangen die Rückstände von Arzneimitteln ins Trinkwasser?
Medikamente und die verschiedenen Transformationsprodukte können auf vier verschiedenen Wegen ins Wasser gelangen:
- Private Haushalte entsorgen Medikamente.
- Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen entsorgen Arzneimittel.
- Menschen scheiden die Wirkstoffe wieder aus.
- Tiere in Massentierhaltung scheiden große Mengen an Wirkstoffen aus.
Der Hauptanteil der Verunreinigungen entsteht dadurch, dass private Haushalte ihre abgelaufenen oder nicht mehr benötigten Medikamente über die Toilette oder das Waschbecken entsorgen, anstatt sie in den Restmüll zu geben oder in die Apotheke zurückzubringen. Bei Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern besteht der Verdacht, dass auch sie regelmäßig Arzneimittel auf diesem Weg in größerem Umfang entsorgen. Die Rückstände gelangen aber auch über die Ausscheidungen der Patienten ins Abwasser.
Auch die Medikamente, die Tiere in Massentierhaltung erhalten, gelangen auf diesem Weg ins Grundwasser. Unterschiedliche Wege führen dazu, dass die Konzentration der Wirkstoffe im Wasser immer weiter zunimmt.
In den Klärwerken gibt es jedoch in den meisten Fällen keine Möglichkeit, diese Wirkstoffe vollständig aus dem Wasser zu filtern, da sie für die meisten Filter zu fein sind oder weil die Wirkstoffe extrem verdünnt vorliegen.
Wie lassen sich die Arzneimittelrückstände im Wasser reduzieren?
Es ist kaum vermeidbar, dass Medikamentenrückstände über Ausscheidungen im Wasser landen. Viel fataler ist es allerdings, wenn die Entsorgung von Arzneiresten oder abgelaufenen Medikamenten über die Toilette erfolgt. Apotheker, Umweltbehörden und die Wasserwerke raten dringend dazu, diese Abfälle über den Restmüll zu entsorgen. Sie haben in der Toilette nichts zu suchen. Im Restmüll gelangen die Medikamentenrückstände in die Müllverbrennungsanlagen, wo die Wirkstoffe verbrennen. So können sie nicht in den Boden und vor allem nicht ins Grundwasser gelangen.
In Ermangelung von entsprechenden Vorschriften untersuchen die Wasserversorger das Wasser nur in Einzelfällen auf Arzneimittelrückstände und deren Konzentration. Spezifische Gegenmaßnahmen sind keine vorgeschrieben. Inwieweit Ihr Wasserversorger solche Messungen freiwillig durchführt, können Sie dort nachfragen oder auf dessen Internetseite nachlesen.
Wenn Sie privat vorsorglich das Wasser filtern wollen, stehen Ihnen verschiedene Verfahren zur Verfügung, um die Arzneimittelrückstände zu eliminieren. Sie sind zum einen sehr wirksam und zum anderen leicht in der Handhabung. Aktivkohle-Blockfilter halten Medikamentenrückstände effektiv zurück. Er besitzt sehr feine Poren und ist sehr adsorptionsfähig. Bei der Umkehrosmose sind ebenfalls Membrane im Einsatz mit sehr feinen Poren.
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Wie schädlich sind Medikamentenrückstände für Mensch und Umwelt?
Derzeit gehen Forscher davon aus, dass die Konzentration der Medikamentenrückstände im Wasser zu gering ist, um als gesundheitlich gefährlich eingestuft zu werden. Durch die erneute Aufnahme der Wirkstoffe über das Wasser können diese erneut auf den Organismus einwirken. Das kann dann problematisch werden, wenn Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen entstehen. Das kann besonders bei älteren Menschen, Kindern und Kranken zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Bei Rückständen von Antibiotika besteht die Gefahr, dass sie die Keime resistent machen. Im schlimmsten Fall führt das dazu, dass die Wirkstoffe keine Wirkung mehr bei den Keimen erzielen. Da hier noch Langzeitstudien mit mehr Aussagekraft fehlen, gibt es hier bislang keine fundierten Erkenntnisse.
Was allerdings bekannt ist, ist, dass einige Wirkstoffe im Grundwasser zu Belastungen der Umwelt und in der Tierwelt führen. Das gilt beispielsweise für einige Schmerzmittel oder die Anti-Babypille. An Fischen sind bereits deutliche Veränderungen zu sehen. Östrogene aus der Anti-Babypille haben einen feminisierenden Effekt, was in stark belasteten Gewässern zu einer Dysbalance zwischen männlichen und weiblichen Tieren geführt hat. In diesen Gewässern waren auch mehr Fische anzutreffen, die intersexuell waren, also die Merkmale beider Geschlechter aufwiesen. Diclophenac-Reste stehen ebenfalls im Verdacht, Fische zu gefährden. In verschiedenen Studien hatten Regenbogenforellen Nierenschäden bei einer Diclophenac-Konzentration von mehr als 1 μg/l.
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