Seit dem 1. November 2020 müssen nicht nur Verkäufer und Vermietern, sondern auch Makler einen Energieausweis vorlegen, wenn sie eine Immobilie zum Verkauf anbieten. Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) löst die bisherigen Regelungen der Energiesparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) ab. Für Verbraucher ist es nicht ganz einfach den Energieausweis zu lesen und seine Daten zu deuten. Im folgenden Beitrag erfahren Sie deshalb mehr über die Begriffe und wie Sie danach die Energieeffizienz eines Gebäudes und seiner Haustechnik richtig einschätzen können.
Bedarfs- oder Verbrauchsausweis?
Ein Energieausweis kann entweder als Bedarfsausweis oder als Verbrauchsausweis gestaltet sein. Er darf nur von fachkundig dafür ausgebildeten Personen oder von einem Energieberater erstellt werden. Dazu ist eine sorgfältige Untersuchung nötig, die zum Beispiel Fotos der Außenhülle mit der Wärmebildkamera und Messungen am Gebäude hinsichtlich Feuchtigkeit beinhaltet. So lassen sich Wärmebrücken feststellen und der Gutachter kann erkennen, ob die Dämmung ausreichend gegen Wärmeverluste schützt. Dies gilt im Gegenzug auch für einen Schutz gegen übermäßige Hitze in den Sommermonaten. Der Energieberater kontrolliert außerdem die Heizungsanlage und die Aufbereitung von Warmwasser sowie deren Transport im Haus und die Heizkörper selbst.
Für den Bedarfsausweis wird ein technisches Gutachten erstellt, welches den theoretischen Energiebedarf eines Gebäudes aufgrund seiner baulichen Beschaffenheit berechnet. Diese Berechnung berücksichtigt unter anderem folgende Bestandteile:
- Beschaffenheit und Isolationswerte der Gebäudehülle (zum Beispiel Fassade und Dach)
- Beschaffenheit von Fenstern und Türen
- Art und Leistungsfähigkeit der Heizungsanlage
Wird der Energieausweis in Form eines Verbrauchsausweises erstellt, finden hier die tatsächlichen Verbrauchswerte Berücksichtigung. Es werden die Verbrauchszahlen aller Wohnungen über mindestens drei Heizperioden hinweg ermittelt und daraus Durchschnittswerte gebildet.
Hinweis: Dieses Verfahren auf Basis des tatsächlichen Verbrauchs ist nur für Wohnhäuser mit mehr als fünf Wohneinheiten zulässig, damit das individuelle Verhalten der einzelnen Bewohner keine zu großen Abweichungen erzeugt. Aus diesem Grund werden sie beim Kauf eines Einfamilienhauses eher einen Bedarfsausweis erhalten.
Energieausweis Seite für Seite lesen
Beide Energieausweisarten bestehen aus insgesamt fünf Seiten, welche ähnlich aufgebaut sind.
Auf Seite 1 finden Sie folgende Informationen:
- allgemeine Angaben zum Gebäude, Wohnflächen, Baujahr, Energieträger
- Nutzung erneuerbarer Energien
- Lüftungskonzept
- Vermerk, ob es sich um einen Bedarfsausweis oder um einen Verbrauchsausweis handelt
Die Seiten 2 und 3 zeigen Ihnen die Ergebnisse der Analyse (nur auf Seite 2 für den Bedarfsausweis und nur auf Seite 3 für den Verbrauchsausweis):
- farbige Bandtachos mit Angaben zum Endenergiebedarf und zum Primärenergiebedarf des Gebäudes
- Berechnung der Treibhausgasemissionen
- Verbrauchserfassung für Heizung und Warmwasser (Verbrauchsausweis)
- Erläuterungen zum Verfahren
- Endenergiebedarf oder Endenergieverbrauch des Gebäudes (Pflichtangaben in Immobilienanzeigen)
Darunter können Sie ablesen, ob die Istwerte des Gebäudes die Anforderungen der Energieeinsparverordnung einhalten. Es gibt Angaben, ob der sommerliche Wärmeschutz eingehalten wird und welchen Anteil erneuerbare Energien an der Deckung des Kälte- bzw. Wärmebedarf dieses Gebäudes haben.
Auf Seite 4 des Energieausweises sind die Empfehlungen des Ausstellers zu finden. Dies sind zum einen Empfehlungen für eine kostengünstige Modernisierung, welche beispielsweise folgende Bestandteile des Hauses betreffen können:
- Fenster
- Kellerdecke
- Heizung
- Außenwand
- Dach
- Lüftungsanlage
Der Gutachter hat ja außerdem Platz um ergänzende Angaben und Erläuterungen zu seinen Berechnungen zu machen.
Auf der Seite 5 finden Sie Erläuterungen zu den Fachbegriffen auf den vorhergehenden Seiten. Da dies nicht unbedingt für ein gutes Verständnis ausreicht, können Sie im Folgenden nachlesen, was einige dieser Begriffe bedeuten.
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Tipp: Die farbig gestalteten Bandtachos im Energieausweis zeigen auf den ersten Blick mit ihren grünen, gelben oder roten Bereichen an, wie es um die Energieeffizienz des Hauses beschaffen ist. Lassen Sie sich jedoch nicht allein von diesen bunten Markierungen überzeugen. Lesen Sie den Energieausweis sorgfältig und schauen Sie sich die einzelnen Werte sowie die Hinweise für empfohlene Sanierungen und Modernisierungsmaßnahmen an.
Energiebedarf und Effizienzklassen
Der Endenergiebedarf ergibt sich aus der theoretischen Berechnung aller Werte für das Gebäude. Er kann durch gute Wärmedämmung, Fenster mit Wärmeschutzverglasung und eine effiziente Anlagentechnik einen niedrigen Wert erreichen. Der Endenergieverbrauch wird durch tatsächlich gemessene Verbrauchswerte ermittelt.
TIPP
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Um eine bessere Einschätzung vornehmen zu können, was die Höhe der benötigten Endenergie bedeutet, wurden Energieeffizienzklassen und entsprechende Gebäudeklassifizierungen definiert. So lässt sich zum Beispiel feststellen, dass ein Gebäude mit einem Endenergiewert von weniger als 30 kWh/(m² a) einem Passivhaus bzw. einem KfW 40+ Haus entspricht. Unsanierte, energetisch verschwenderisch wirkende Altbauten werden in die Energieeffizienzklasse H eingeordnet und haben beispielsweise Werte über 250 kWh/(m² a). Die folgende Tabelle zeigt Ihnen diese Einteilung genauer. Sie finden Sie außerdem als farbig gestaltete Grafik auf Seite 2 oder Seite 3 des Energieausweises.
Energieeffizienzklasse | Endenergie [kWh/(m² a)] | Gebäudeklassifizierung |
---|---|---|
A+ | < 30 | Passivhaus oder KfW 40+-Haus. |
A | < 50 | Gebäude, das mindestens die Vorgaben der damaligen EnEV 2016 erfüllt oder besser ist – zum Beispiel KfW 55- oder KfW 70-Häuser. |
B | < 75 | Gebäude, das die Standards der damaligen EnEV 2014 erfüllt. |
C | < 100 | Gebäude, das energetisch besser ist als ein Haus, das gemäß der dritten Wärmeschutzverordnung von 1995 errichtet wurde. |
D | < 130 | |
E | < 160 | Gebäude, das energetisch etwa die Standards der zweiten Wärmeschutzverordnung von 1982 einhält. |
F | < 200 | |
G | < 250 | Maximaler Verbrauch, den ein rudimentär gedämmtes Gebäude gemäß der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 aufweist. |
H | > 250 | Unsanierter, energetisch schlechter Altbau |
Primärenergiebedarf und Energieträger
Der Primärenergiebedarf soll eine Kennzahl für die Umweltverträglichkeit des Gebäudes liefern. Allerdings sind diese Werte nicht immer eindeutig zu lesen, da beispielsweise Kombinationen von unsaniertem Altbau mit erneuerbaren Energien andere Ergebnisse liefern als ein energieeffizient gestalteter Neubau, der fossile Brennstoffe nutzt.
Der Primärenergiekennwert wird durch eine Berechnung vom Endenergiekennwert abgeleitet. Dazu multipliziert man den Wert der Endenergie mit sogenannten Primärenergiefaktoren. Diese Faktoren wurden danach ermittelt, wie viel Energie in den vorgelagerten Prozessschritten bis zur Bereitstellung im Gebäude aufgewendet werden muss. Dabei werden auch die Verluste, welche beim Abbau, bei der Verarbeitung und beim Transport der entsprechenden Energieträger entstehen, berücksichtigt. Beispielsweise sind folgende Faktoren gültig:
- Heizöl: Faktor 1,1
- Erdgas und Flüssiggas: Faktor 1,1
- Kohle: Faktor 1,1
- Holz: Faktor 0,2
- Strom: Faktor 1,8
- Umweltenergie (Sonne, Umgebungswärme und Ähnliches): Faktor 0
Die Kennzahl für den Primärenergiebedarf soll dazu anregen, möglichst nachhaltige und umweltschonende Energieträger und Verfahren zu verwenden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Heizung und Warmwasserbereitung mit einem sehr geringen Primärenergiebedarf besonders kostengünstig zu betreiben ist.
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Nicht allein auf den Energieausweis verlassen
Durch zahlreiche Änderungen und Novellierungen der Gesetze wird es immer schwieriger, den Energieausweis richtig zu lesen und Rückschlüsse auf den tatsächlichen Verbrauch sowie die zukünftigen Kosten zu ziehen. Nutzen Sie deshalb weitere Informationsquellen, um das zu kaufende Haus in Hinsicht auf den Energiebedarf richtig einzuschätzen.
Bei einer Besichtigung können Sie außerdem diese Bestandteile des Gebäudes selbst kontrollieren und den Besitzer oder Makler nach deren Ausführung befragen:
- Wärmedämmung (optimal, wenn Außenwände Kellerdecke und Dachstuhl sowie die oberste Geschossdecke vor Wärmeverlusten geschützt sind)
- zentrale Warmwasserbereitung (ist kostengünstiger als dezentrale Lösungen)
- Isolierverglasung oder Wärmeschutzverglasung an Fenstern und Türen
- Schließen Fenster und Türen luftdicht ab?
- Alter der Heizungsanlage und verwendete Energieträger
- Feuchtigkeit im Gebäude? (Kann auf schlechte Isolation hindeuten)
Außerdem kann es hilfreich sein, sich die Verbrauchsabrechnungen für Energie aus den letzten Jahren zeigen zu lassen. Dabei einem Einfamilienhaus der Energieausweis meist auf Bedarfsbasis erstellt wird, werden diese Kennzahlen gar nicht in der Berechnung berücksichtigt. Fragen Sie dabei den Vorbesitzer, ob viel geheizt und viel warmes Wasser verbraucht wurde. Wer in dieser Beziehung sehr sparsam lebt, verbraucht natürlich insgesamt verhältnismäßig wenig Energie. Auch die Anzahl der bisherigen Bewohner kann Aufschluss darüber geben, wie Sie diese Werte im Vergleich mit der zukünftigen Bewohnerzahl einordnen müssen. Ein persönliches Gespräch kann deshalb viel Aufschluss über diese Fakten geben.
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