Grenzbebauung: Diese Vorschriften sollten Sie kennen

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Bauherren möchten die Fläche ihres Grundstücks gerne bestmöglich ausnutzen. Doch die gesetzlichen Vorgaben zur Grenzbebauung schränken die Freiheiten deutlich ein. Wer dagegen verstößt, kann nicht nur mit seinem Nachbarn Ärger bekommen.

Käufer von Grundstücken möchten in der Regel möglichst schnell mit der Bebauung beginnen. Dabei wünschen sich viele Bauherren ein großzügig geschnittenes Haus, das für die ganze Familie reichlich Platz bietet.

Praktisch, schnell umsetzbar und kostengünstig: Die Fertiggarage auf der Grundstücksgrenze. Aber: Ist das auch rechtlich zulässig? © Hermann, stock.adobe.com
Praktisch, schnell umsetzbar und kostengünstig: Die Fertiggarage auf der Grundstücksgrenze. Aber: Ist das auch rechtlich zulässig? © Hermann, stock.adobe.com

Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn ein Grundstück darf nicht komplett versiegelt werden. Das heißt, wer zum Beispiel eine Fläche von 500 qm² zur Verfügung hat, kann dort nicht einfach ein Haus mit entsprechender Grundfläche errichten.

So gibt der Bebauungsplan neben Grünflächen und Garagen und/oder Stellplätzen auch klare Angaben für die Grenzbebauung vor. Diese decken sich in der Regel mit den gesetzlichen Vorschriften in der jeweiligen Landesbauordnung. Sie können allerdings auch davon abweichen. In diesem Fall gilt für Bauherren vorrangig, was im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet steht.

Vorgaben beachten: Rechtlich verbindliche Grenzen und Linien laut Bebauungsplan
Vorgaben beachten: Rechtlich verbindliche Grenzen und Linien laut Bebauungsplan

Abhängig vom Wohnort gibt es zusätzlich zu den Bauordnungen der Länder und den Angaben im Bebauungsplan auch noch Nachbarrechtsgesetze. Darin sind zum Beispiel Vorschriften zum Errichten von Grenzwänden und weiteren Anbauten zwischen den Grundstücken enthalten.

Die Einhaltung der Abstandsflächen ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben. Sie verhindert auch Streitigkeiten mit den Nachbarn © caftor, stock.adobe.com
Die Einhaltung der Abstandsflächen ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben. Sie verhindert auch Streitigkeiten mit den Nachbarn © caftor, stock.adobe.com

Warum sind Abstandsflächen sinnvoll?

Die Vorschriften zu den Abstandsflächen werden von den zuständigen Behörden nicht einfach willkürlich gesetzt, sondern es gibt gute Gründe dafür:

  • Brandschutz: Ein wesentlicher Faktor ist der Brandschutz. Denn kommt es tatsächlich zu einem Feuer, kann dieses schnell auf benachbarte Gebäude übergreifen und gravierende Sach- und Personenschäden verursachen. Deshalb ist es sinnvoll zwischen den Gebäuden Mindestabstände einzuhalten. Dieses sind zwar keine Garantie dafür, dass sich der Brand nicht trotzdem weiter ausbreitet, aber das Risiko sinkt mit zunehmenden Abstandsflächen.
  • Lärmbelästigung: In seinen eigenen vier Wänden möchten Bauherren gerne möglichst viel Privatsphäre genießen und nicht von den Kindern des Nachbarn beim Schlagzeug üben oder den Eltern bei Streitgesprächen oder lautem Musikhören behelligt werden. Ganz vermeiden lassen sich Lärmbelästigungen zwar nicht, aber entsprechende Abstandsflächen zum Nachbarn können die empfundene Lautstärke deutlich reduzieren.
  • Sicht und Licht: Wer aus seinem Fenster schaut, möchte dort ungern direkt die Hauswand des Nachbarn im Blick haben, die einem auch noch das Tageslicht wegnimmt und die Zimmerpflanzen eingehen lässt. Und auch wer in seinem Garten sitzt, wird es wohl nicht als angenehm empfinden, wenn er dort seinem Nachbarn gefühlt direkt auf dem Schoß sitzt. 
  • Soziale Distanz: Auch Hausbesitzer, die kontaktfreudig sind und ein gutes Verhältnis zu ihren Nachbarn pflegen, möchten die eigenen vier Wände als Rückzugsraum nutzen und sich nicht bei jedem Schritt beobachtet fühlen. Abstandsflächen tragen zu mehr Privatsphäre bei.
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Wie groß muss der Abstand zum Nachbarn sein?

Bei der Berechnung der Abstandsflächen wird von der Hausfassade bis zur Grundstücksgrenze gerechnet. Bei den geltenden Vorschriften handelt es sich immer um den Mindestabstand. Natürlich steht es Bauherren frei, auch mehr Abstand zum Nachbarn zu lassen, um etwa die Privatsphäre zu verbessern.

Ob und wie Sie Ihre Grundstücksgrenze bepflanzen dürfen, legen Bebauungsplan und Landesbauordnung fest © tl6781, stock.adobe.com
Ob und wie Sie Ihre Grundstücksgrenze bepflanzen dürfen, legen Bebauungsplan und Landesbauordnung fest © tl6781, stock.adobe.com

Wie bei vielen Vorschriften im Baurecht gilt auch hier, dass es für Bauherren keine bundesweit einheitliche Regelung gibt, sondern dies von Landes- zu Landesbauordnung unterschiedlich geregelt sein kann.

Der Mindestabstand beträgt in der Regel zwischen 2,5 und 3 Metern. Bei der Mindestabstandsfläche wird die Breite der gesamten Fassade des Bauwerks herangezogen, die sich aus Länge und Höhe des Gebäudes errechnet. Das Ergebnis dieser Kalkulation wird mit einem Faktor multipliziert und so die Mindestabstandsfläche zum Nachbarn bestimmt. Einige Bundesländer verwenden dabei den Faktor 0,4 – aber auch hier variieren die Werte deutlich zwischen 0,2 und 1.

Oft gelten in den Landesbauordnungen Sonderregelungen für Kerngebiete. Dabei handelt es sich um dicht bebaute Flächen, wie sie sich zum Beispiel in Innenstädten finden. Da es bei Neubauten, die von vielen Bestandsgebäuden umgeben sind, schwierig ist, größere Abstandsflächen einzuhalten, wird hier häufig mit einem kleineren Faktor kalkuliert. So wird zum Beispiel in Bayern der Mindestabstand in Kerngebieten mit dem Faktor 0,5 berechnet, während in anderen Gebieten der Faktor 1 gilt.

Vorschriften zur Grenzbebauung
Vorschriften zur Grenzbebauung

Wie werden Dächer beim Mindestabstand berücksichtigt?

Bei der Berechnung der Abstandflächen spielt die Dachform und dessen Neigung eine entscheidende Rolle. Einige Bebauungspläne machen Bauherren genaue Vorgaben, welche Art der Bedachung zulässig ist, damit das Baugebiet einen harmonischen Gesamteindruck bietet und sich gut in umliegende Bestandsbebauungen einfügt. So sind in vielen Regionen Satteldächer sehr verbreitet. Im Trend liegen aber bei vielen Bauherren auch Walmdächer. Zunehmend beliebter sind auch Flachdächer, aber vor allem im Gewerbebau anzufinden.

Schräge Dächer, wie etwa das Sattel- oder Walmdach, werden bei der Berechnung der Abstandsflächen wie ein Teil der Fassade berücksichtigt. Ist das Dach sehr stark geneigt (in der Regel über 70 Grad Neigung) fließt das Dach mit dem Faktor 1 in die Berechnung der Mindestabstände ein. Bei weniger stark abfallenden Dächern von unter 70 Grad Neigung wird das Dach hingegen nur mit dem Faktor 0,33 berücksichtigt. Flachdächer hingegen werden überhaupt nicht als Teil der Fassade gezählt.

Nimmt man als Beispiel ein Haus mit einer Höhe von 6 Metern und ein Satteldach mit 2,5 Metern Höhe und 60 cm Neigung, würde sich folgende Mindestabstandsfläche ergeben, wenn es sich in einem Kerngebiet Bayerns befindet:

0,5 x (6 m + 0,33 × 2,5 m) = 3,4125 Meter Mindestabstand

Das Haus würde damit noch knapp den in der bayerischen Bauordnung vorgegebenen Mindestabstand von 3 Metern erfüllen.

Befindet sich das Haus mit den genannten Maßen hingegen außerhalb des Kerngebiets, müsste in Bayern mit dem Faktor 1 multipliziert werden. Entsprechend würde der Mindestabstand 6,825 Meter zur Grundstücksgrenze betragen.

Was gilt für Terrassen, Balkone oder Garagen?

Mit Anbauten und Erweiterung wie einer Terrasse, einem Balkon oder einer Garage können Bauherren die Nutzfläche ihres Hauses erweitern. Doch was bedeutet das für die Abstandsflächen?

Balkone bleiben bei der Berechnung von Abstandsflächen in der Regel unberücksichtigt © Christoph Hähnel, stock.adobe.com
Balkone bleiben bei der Berechnung von Abstandsflächen in der Regel unberücksichtigt © Christoph Hähnel, stock.adobe.com

Die Antwortet lautet, dass es auf den Umfang dieser Anbauten ankommt. Je nach Landesbauordnung wird zum Beispiel ein Balkon, der maximal 1,5 Meter aus der Hausfassade herausragt, bei der Berechnung der Abstandsflächen nicht berücksichtigt. Gleiches kann zum Beispiel für eine Gaube gelten, mit denen Bauherren einen Raum im Obergeschoss des Hauses vergrößern wollen.

Auch Bauherren, die im Rahmen einer energetischen Gebäudesanierung ihr Haus im Nachhinein mit einem Wärmeschutz versehen, müssen sich in der Regel keine Sorgen machen, dass sie damit die geltenden Abstandsflächen verletzen. Zumindest dann, wenn die Wärmedämmung eine Stärke von üblicherweise 25 cm nicht überschreitet.

Terrassen werden bei der Bemessung der Abstandsflächen nicht zur Fassade gezählt © rh2010, stock.adobe.com
Terrassen werden bei der Bemessung der Abstandsflächen nicht zur Fassade gezählt © rh2010, stock.adobe.com

Auch beim Bau einer Terrasse sind die Landesbauordnungen zugunsten der Bauherren ausgelegt und berücksichtigen die Terrasse in der Regel nicht für die Berechnung der Abstandsfläche. Dies kann sich allerdings ändern, wenn die Terrasse um Anbauten wie zum Beispiel eine Überdachung oder einen Sichtschutz erweitert wird.

Weitere Anbauten wie eine Garage oder die Installation eines Gartenhauses sind häufig genehmigungsfrei und fallen damit nicht unter die Mindestabstandsflächen.

Achtung: Es gibt grundsätzlich keine pauschalen Antworten für Bauherren zu den Mindestabstandsflächen. Die Landesbauordnungen sowie die Bebauungspläne sind bundesweit so unterschiedlich ausgestaltet, dass immer die im Einzelnen geltenden Vorschriften geprüft werden müssen.

Fast in keinem Bundesland ein Problem: Ein reiner Schuppen auf der Grundstücksgrenze © Chris Lofty, stock.adobe.com
Fast in keinem Bundesland ein Problem: Ein reiner Schuppen auf der Grundstücksgrenze © Chris Lofty, stock.adobe.com

Was passiert, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten wird?

Für Bauherren gilt grundsätzlich, dass sie sich bei ihrem Bauvorhaben zwingend an die geltenden Vorschriften zu halten haben. Ein Verstoß, wie etwa eine Abweichung zwischen den beim zuständigen Amt eingereichten Bauplänen und der tatsächlichen Umsetzung, kann gravierende Folgen haben.

Vorgaben beachten: Rechtlich verbindliche Grenzen und Linien laut Bebauungsplan
Vorgaben beachten: Rechtlich verbindliche Grenzen und Linien laut Bebauungsplan

So kann im schlimmsten Fall ein teurer Rückbau angeordnet werden, dessen Kosten der Bauherr zu tragen hat. Während sich dies bei einem nicht genehmigten Gartenhaus vielleicht noch relativ leicht umsetzen lässt, sieht dies bei Verstößen beim Eigenheim selbst natürlich anders aus.

Auch der Nachbar des betreffenden Grundstücks kann auf die Verletzung der Mindestabstandspflichten bei den Behörden hinweisen und zum Beispiel eine Stilllegung des Bauvorhabens oder eine Abriss- bzw. Rückbauverfügung einklagen.

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Lassen sich die Mindestabstände umgehen?

Allerdings gibt es dennoch Möglichkeiten für Bauherren, von den bestehenden Abstandsflächen abzuweichen. Eine Option ist es, mit dem Nachbarn eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. So kann sich der Nachbar bereit erklären, dass die geltende Abstandsfläche bis auf sein Grundstück reicht. Dies hat zur Folge, dass der Nachbar die entsprechende Fläche dann nicht überbauen darf.

Abweichende Vereinbarungen und Absprachen unter Nachbarn zu Abstandsflächen müssen schriftlich den Behörden mitgeteilt werden. Anschließend werden sie im Baulastenverzeichnis erfasst © Stockwerk-Fotodesign, stock.adobe.com
Abweichende Vereinbarungen und Absprachen unter Nachbarn zu Abstandsflächen müssen schriftlich den Behörden mitgeteilt werden. Anschließend werden sie im Baulastenverzeichnis erfasst © Stockwerk-Fotodesign, stock.adobe.com

Eine solche Absprache muss unbedingt schriftlich festgehalten und den Behörden mitgeteilt werden, die diese dann in ein Baulastenverzeichnis eintragen. Das ist wichtig, damit diese Ausnahmeregelungen nachvollziehbar sind und etwa bei einem Eigentümerwechsel auf betreffendem Grundstück einsehbar sind.

Die Abstandsübernahme-Erklärung im Überblick
Die Abstandsübernahme-Erklärung im Überblick

In der Praxis finden solche Übernahmeerklärungen allerdings selten statt. Ein Beispiel könnte sein, dass ein bestehendes Grundstück geteilt wird und der Eigentümer die geteilte Parzelle an ein Familienmitglied überschreibt. In diesem Fall könnte zugunsten des Neubaus auf dem abgeteilten Grundstück die Zustimmung zu einer Abstandsflächen-Übernahmeerklärung gegeben werden.

Weitere Ausnahmen bei der Mindestabstandsfläche können Bauherren mithilfe des sogenannten 16-Meter-Privilegs erreichen. Diese Sonderreglung gilt jedoch nur noch in Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Das „16-Meter-Privileg“ (Bayern und Nordrhein-Westfalen)
Das „16-Meter-Privileg“ (Bayern und Nordrhein-Westfalen)

Nach diesem Privileg darf die Abstandsfläche vor zwei Außenwänden mit weniger als 16 Metern Länge mit dem Faktor 0,5 der Wandhöhe berechnet werden. Wird das Gebäude an eine Grundstücksgrenze gebaut, gilt die Regelung nur noch für eine Wand, wird das Gebäude an zwei Grundstücksgrenzen gebaut, gilt die Regelung nicht (dies gilt nicht bei Grenzbebauung an öffentlichen Verkehrs-, Grün- und Wasserflächen).

Achtung: Auch beim 16-Meter-Privileg gelten die Mindestabstandsflächen von drei Metern.

Zudem schreibt etwa die Bayerische Bauordnung vor, dass diese Regelung nur in Gemeinden mit mehr als 250.000 Einwohnern außerhalb von Gewerbe-, Kern- und Industriegebieten sowie festgesetzten urbanen Gebieten greift.

Beachten Sie unbedingt die bei Ihnen geltende Bauordnung © Wolfilser, stock.adobe.com
Beachten Sie unbedingt die bei Ihnen geltende Bauordnung © Wolfilser, stock.adobe.com

Fazit: Bauherren benötigen kompetente Unterstützung

Das Risiko einer Verletzung der Abstandsflächen ist für Bauherren nicht zu unterschätzen. Deshalb sollten sie bei der Planung des Bauvorhabens genau prüfen, ob sich dieses mit dem geltenden Bebauungsplan und der jeweiligen Fassung der Landesbauordnung vereinbaren lässt.

Bauherren stehen hier nicht allein da, sondern sollten diese Prüfung kompetenten Experten wie Architekten und Fachplanern überlassen, die die geltenden Vorschriften kennen. Bei Bauvorhaben mit einer Baugenehmigung sollten mögliche Fehler von den prüfenden Behörden schon vor Erteilung der Baugenehmigung erkannt und entsprechende Nachbesserungen verlangt werden.

Wer keine bewusste Verletzung der Mindestabstandsflächen während der Bauphase begeht, sollte deshalb in der Regel keine Probleme mit den Behörden bekommen.

Auf gute Nachbarschaft! Klären Sie noch vor der Einreichung des Bauantrags, ob Ihr Nachbar mit Ihren Ideen einverstanden ist © koldunova_anna, stock.adobe.com
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