Worauf es bei der barrierefreien Gestaltung des Außenbereichs ankommt
Ob im Ein- oder im Mehrfamilienhaus: Es reicht nicht aus, den Wohnbereich barrierefrei oder rollstuhlgerecht zu gestalten. Ist der Außenbereich nicht ebenfalls barrierefrei oder rollstuhlgerecht angelegt, werden die Wohnung oder das Haus zu einer Art „Goldenem Käfig“. Dieser ist zwar komfortabel und selbstständig nutzbar – kann aber nicht verlassen werden. Daher ist es wichtig, dass Bauherren beim barrierefreien Bauen oder Sanieren auch den Außenbereich berücksichtigen.
Dieser Artikel bietet Ihnen Antworten zu folgenden Fragen:
- Was ist der Unterschied zwischen „barrierefrei“ und „rollstuhlgerecht“?
- Was gehört alles zum Außenbereich?
- Auf welche Weise kann der Außenbereich barrierefrei oder rollstuhlgerecht gestaltet werden?
- Welche Besonderheiten gelten für Mieter, die ihre Wohnung barrierefrei umbauen möchten?
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Rollstuhlgerecht oder barrierefrei: Was ist der Unterschied?
Umgangssprachlich werden die Begriffe rollstuhlgerecht und barrierefrei vielfach als Synonyme verwendet. Allerdings besteht eine deutliche Abstufung zwischen barrierefreien Immobilien und solchen, die rollstuhlgerecht sind. Die genauen Anforderungen finden sich in Deutschland in der DIN-Norm 18040.
Eine Immobilie, inklusive Außenbereich, ist dann barrierefrei, wenn sie so gestaltet ist, dass sie keine Barrieren, Hindernisse oder Ähnliches aufweisend und demzufolge auch von Menschen mit Behinderung oder krankheits- beziehungsweise altersbedingten Einschränkungen ohne Erschwernis oder fremde Hilfe nutzbar sind. Rollstuhlgerecht ist eine Immobilie, wenn sie frei von Hindernissen und Barrieren sowie Ähnlichem ist, sodass sie auch von einem Rollstuhlfahrer grundsätzlich ohne Erschwernis oder fremde Hilfe nutzbar ist.
Barrierefrei oder rollstuhlgerecht Wohnen
Was bedeuten die Begriffe und können diese synonym verwendet werden? Barrierefrei, rollstuhlgerecht – beide Begriffe werden manchmal synonym verwendet. Oftmals… weiterlesen
Barrierefreier Außenbereich: Um welche Bereiche und Maßnahmen geht es?
Beim Außenbereich einer Immobilie geht es um alle Bereiche, die sich jenseits des eigentlichen Wohnbereichs befinden. Denn nur, wenn auch der Weg bis zu Wohnungs- beziehungsweise Haustür, barrierefrei gestaltet ist, kann ein Mensch mit einer Behinderung dort selbstständig leben. Zu den Außenbereichen, die barrierefrei gestaltet werden müssen, gelten insbesondere folgende Areale:
- Zuweg vom Gehweg bis zur Haustür
- Haustür inklusive Schließmechanismus, Klingel und Briefkasten
- Parkplatz und Garage
- Weg zu den Mülltonnen
- Terrasse und Garten
- Bei Mehrfamilienhaus: Weg im Haus zur Wohnung (insbesondere, wenn Wohnung sich nicht im Erdgeschoss befindet)
Hauseingang: Zugang zur Haustür
Vor vielen Hauseingängen befinden sich Stufen, die vom Zuweg zur Haustür führen. Manchmal sind es nur ein oder zwei Stufen, manchmal eine längere Treppe. Für Menschen mit Gehbehinderung stellt dies immer eine Barriere dar, die zu einer erhöhten Sturzgefahr führt oder gar nicht überwunden werden kann. Damit diese Hürde von Menschen mit Gehbeeinträchtigung überwunden werden kann, müssen Stufen rutschfest gestaltet sein. Ein Geländer oder Griffe, die fest montiert und gut zu greifen sind, bieten zusätzliche Sicherheit. Aber schon für Personen, die auf einen Rollator angewiesen sind, reicht eine solche bauliche Maßnahme nicht aus.
Wirklich barrierefrei oder sogar rollstuhlgerecht gestaltet ist ein Eingangsbereich daher nur, wenn Stufen beziehungsweise Treppen über Rampen überwunden werden können. Für rollstuhlgerechte Rampen gilt:
- Rampen müssen mindestens 1,20 m breit sein
- Rampen müssen Bewegungsflächen am Anfang und am Ende haben, die mindestens 1,50 × 1,50 m groß sind
- Rampen müssen mit Handläufen ausgestattet sein
- Die Steigung darf nicht mehr als 6 % betragen, weil sonst Kippgefahr besteht
- Längere Rampen (mehr als 6 m) müssen Zwischenpodeste haben (mindestens 1,20 × 1,50 m)
- Der Oberbelag der Rampe muss rutschfest sein
Ist der Einbau einer Rampe nicht möglich, stellt ein Treppenlift oder ein Plattformlift eine Alternative dar:
- Ein Plattformlift / Treppenlift benötigt wenig Platz.
- Ein Plattformlift kann von Rollstuhlfahrern und auch mit einem Rollator benutzt werden.
- Ein Plattformlift wird einfach an einer Seite der vorhandenen Außentreppe befestigt.
- Treppenlifte und Plattformlifte können auch bei kurvigen Treppen montiert werden.
Treppenhaus im Mehrfamilienhaus
Im Mehrfamilienhaus gehört das Treppenhaus ebenfalls zum Außenbereich. Denn hier beginnt der Außenbereich jenseits der eigenen Wohnungstür. Barrierefrei ist ein Treppenhaus in einem Mehrfamilienhaus, wenn insbesondere folgende Anforderungen erfüllt sind:
- Aufzug vorhanden: Optimal ist es, wenn ein stufenlos erreichbarer Aufzug zu der Wohnetage führt. Der Aufzug sollte zudem groß genug sein, dass dieser mit Rollator oder sogar Rollstuhl nutzbar ist.
- Treppenlift oder Hublift: Ist kein Aufzug vorhanden, kann eine Barrierefreiheit über den Einbau eines Treppenlifts oder eines Hublifts erzielt werden.
- Barrierereduzierte Treppen: Rutschfeste, farblich abgesetzte Treppenstufen sowie sichere Handläufe stellen ebenfalls bereits eine Barrierereduzierung dar. Allerdings kann ein solches Treppenhaus nicht von Menschen genutzt werden, die nicht (mehr) Treppen steigen können.
- Treppenhaustüren: Eine weitere Barriere in vielen Mehrfamilienhäusern stellen die Brandschutztüren zu den Treppenhäusern dar. Diese sind meist schwer zu öffnen und sollten daher über Türöffnersysteme mit Drücker barrierefrei gestaltet werden.
Wichtig: Anders als bei einem Einfamilienhaus können Bewohner von Mehrfamilienhäusern nicht selbst über die barrierefreie oder rollstuhlgerechte Umgestaltung des Treppenhauses entscheiden.
Zugangswege und Zugangsflächen
Auch die Zuwege zur Haustür sind oftmals nicht barrierefrei, geschweige denn rollstuhlgerecht gestaltet. Hier gelten folgende Anforderungen:
- Flächen müssen mit einem geeigneten Bodenbelag versehen sein. Dieser muss rutschhemmend sein und die Zwischenräume zwischen Platten müssen klein und eben sein. Gut geeignet sind Materialien wie Beton, Naturstein und große Fliesen.
- Flächen müssen so begradigt werden, dass das Längsgefälle maximal 3 und das Quergefälle maximal 2 Prozent beträgt.
- Zugangswege müssen mindestens 1,50 m breit sein, um rollstuhlgerecht zu sein; für eine Barrierefreiheit reichen 1,20 m Breite aus
Eingangsbereich: Klingel, Briefkasten und automatische Licht- und Türsysteme
Damit auch bei Nacht oder in der Dämmerung der Weg zur Haustür sicher zurückgelegt werden kann, ist eine gute Beleuchtung der Zugangswege sehr sinnvoll. Um Energie zu sparen, sollten die Lampen mit Bewegungsmeldern ausgestattet sein. Auf diese Weise wird die Beleuchtung immer dann angeschaltet, wenn sie benötigt wird. Auch Einbrecher schalten (unfreiwillig) die Beleuchtung an.
Auch der direkte Eingangsbereich sollte gut ausgeleuchtet sein, damit Klingel und Türschloss gut zu sehen sind. Im Alter haben viele Menschen Augenprobleme und sehen in der Dunkelheit schlecht.
Schließlich sollte die Hausnummer beleuchtet sein. Dies ist wichtig, damit im Ernstfall Rettungskräfte nicht nach dem Haus suchen müssen, sondern schnell die richtige Adresse finden.
Das Türschloss und der Türgriff sowie die Klingeln und Briefkästen sollten so platziert sein, dass sie gut erreichbar sind. Um eine barrierefreie Nutzung auch für Rollstuhlfahrer zu ermöglichen, müssen sich diese in einer Höhe von maximal 85 cm befinden. Auch die Namensschilder an Klingeln und Briefkästen sollten barrierefrei gestaltet werden. Dies bedeutet, dass die gewählte Schrift ausreichend groß ist und starke Farbkontraste zwischen Schrift und Hintergrund gewählt werden. Eine Gegensprechanlage stellt eine weitere Optimierung des Außenbereichs im Sinne der Barrierefreiheit dar.
Besonders leicht zu bedienen sind automatische Türöffner, die auf Knopfdruck oder mit Fernbedienung funktionieren. Diese Öffnungssysteme eignen sich besonders gut für Rollstuhlfahrer. Für alte Menschen und Menschen mit Sehbehinderung eignen sich Türöffnungssysteme mit Fingerabdruck-Öffnungssystem. Dies stellt zudem eine Erleichterung für Menschen mit motorischen Störungen dar, für die die Nutzung eines Schlüssels eine Herausforderung darstellen kann.
Parkplatz und Garage: Mobilität erhöhen
Viele ältere Menschen, aber auch Rollstuhlfahrer sind trotz ihrer Einschränkungen in der Lage, selbst ein Auto zu fahren. Und auch solche Menschen, die aufgrund ihrer Einschränkungen oder Behinderung nicht (mehr) selbst Auto fahren können, werden häufig von Familienangehörigen oder Pflegepersonen mit einem Auto gefahren. So bleiben die Mobilität und – oftmals – Selbstbestimmtheit lange Zeit erhalten. Neben einem unter Umständen auf die speziellen Bedürfnisse angepassten Auto benötigen diese Menschen einen barrierefreien oder, optimalerweise, rollstuhlgerechten Stellplatz.
Ein Parkplatz erfüllt diese Voraussetzungen, wenn er sowohl vorwärts als auch rückwärts befahrbar ist. Parkplätze für einen Seitenausstieg müssen mindestens 3,50 m breit und 5,00 m lang sein. Bei Parkplätzen für einen Heckausstieg, wenn also das Auto mitsamt Rollstuhl über das Heck verlassen wird, gelten folgende Mindestanforderungen: Hier muss der Pkw-Stellplatz mindestens 5,00 m lang sein und zusätzlich über eine Bewegungsfläche im Heckbereich von 2,50 m verfügen. Wichtig ist in beiden Fällen, dass die Bewegungsflächen stufenlos sind.
Neben der Größe des Parkplatzes gibt es noch weitere Faktoren, die über die Barrierefreiheit eines Stellplatzes entscheiden:
- Oberflächengestaltung: Die Oberflächenbeläge müssen so gewählt werden, dass sie rutschfest, eben und möglichst ohne große Fugen sind. Zudem müssen sie erschütterungsarm berollbar und damit auch mit Rollstuhl oder Rollator gut nutzbar sein.
- Geringe Längs- und Querneigung: Damit Regenwasser abfließen kann, werden Parkplätze meist mit einer gewissen Längs- und Querneigung angelegt. Damit sie barrierefrei sind, darf die Längsneigung jedoch maximal 3 % und die Querneigung maximal 2 % betragen.
- Wetterschutz: Optimal im Sinne der Barrierefreiheit ist es, wenn Stellplätze überdacht sind. Da Menschen mit körperlichen Einschränkungen meist länger zum Ein- und Aussteigen aus dem Auto benötigen, stellt eine Überdachung eine deutliche Komfortsteigerung dar.
Für eine barrierefreie Garage gelten in Bezug auf die Mindestabmessungen die gleichen Vorgaben wie für Parkplätze. Zusätzlich sind hier jedoch das Garagentor und vor allem dessen Schließmechanismus zu beachten. Optimal im Sinne der Barrierefreiheit sind Sektionaltore, die sich senkrecht nach oben öffnen. Idealerweise werden diese über eine Fernbedienung gesteuert.
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Garten und Terrasse: Nutzung der Grünflächen ermöglichen
Die Nutzung der Grünflächen eines Ein- aber auch eines Mehrfamilienhauses stellen für die meisten Menschen ein deutliches Plus an Lebensqualität dar. Damit ein Garten barrierefrei ist, sollten folgende Aspekte berücksichtigt sein:
- Verzicht auf Stufen beziehungsweise Anlegen von Rampen: Sowohl der Zuweg in den Garten oder die Grünanlage als auch Wege innerhalb des Bereichs müssen stufenlos nutzbar sein. Zumindest müssen Stufen, wenn sie vorhanden sind, als solche erkennbar und mit Geländern versehen sein.
- Bodenbeläge: Auch hier gilt, dass Bodenbeläge eben, erschütterungsfrei, ohne breite Fugen und rutschfest gewählt werden müssen.
- Beleuchtung: Ideal ist es, wenn auch Gartenwege bei Bedarf – also etwa über Bewegungsmelder gesteuert – gut ausgeleuchtet werden können.
- Gartengestaltung: Soll der eigene Garten selbst gepflegt werden, so muss auch beim Anlagen oder der Neugestaltung des Gartens auf Barrierefreiheit geachtet werden. Das bedeutet, dass Beete gut erreichbar sind und das Rasenmähen optimalerweise durch einen Rasenmähroboter übernommen wird.
Besonderheit Mietimmobilie: Worauf sollten Mieter achten, die den Außenbereich barrierefrei umgestalten möchten?
Bei Mietimmobilien, auch bei gemieteten Einfamilienhäusern, müssen vor barrierefreien oder rollstuhlgerechten Umbaumaßnahmen stets die Vermieter um Erlaubnis gefragt werden. Im Jahr 2011 wurde der § 554 a in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. Hier heißt es:
(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.
(2) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Danach muss der Vermieter dem Mieter grundsätzlich einen barrierefreien Umbau genehmigen. Nur in Ausnahmefällen kann diese Genehmigung (Absatz 2) verweigert werden.
Fazit
Um die eigene Wohnung oder das eigene Haus trotz Krankheit, Behinderung oder altersbedingter Einschränkungen selbstständig weiter bewohnen zu können, muss auch auf die barrierefreie Gestaltung des Außenbereichs geachtet werden. Zu unterscheiden ist, ob lediglich Barrieren reduziert werden oder eine Barrierefreiheit oder sogar rollstuhlgerechte Umgebung gestaltet werden soll. Der Außenbereich einer Wohnung beziehungsweise eines Hauses umfasst insbesondere die Zuwege zur Haustür, die Gestaltung des Eingangsbereichs sowie die Parkplätze.
Treppen: Barrierefreie und rollstuhlgerechte Alternativen
Welche Alternativen gibt es zu herkömmlichen Treppen? Treppen sind in fast jedem Wohnhaus zu finden: vor Eingangstüren, zwischen den verschiedenen… weiterlesen