Altbauten und Bestandsimmobilien barrierefrei sanieren: Worauf ist zu achten?
Das Thema Barrierefreiheit oder auch nur eine Barrierereduzierung in Wohnhäusern ist erst in den vergangenen Jahren vermehrt in den Fokus geraten. Erst seit das Thema Inklusion, also die Teilhabe aller Menschen ungeachtet körperlicher Einschränkungen, an der Gesellschaft, gesetzlich verankert wurde, werden auch vermehrt barrierefreie Immobilien errichtet. Das bedeutet aber auch, dass Bestandsimmobilien und Altbauten in der Regel nicht barrierefrei sind. Da die Mehrzahl der (bezahlbaren) Immobilien Bestandsimmobilien ist und andererseits die Nachfrage nach barrierefreien Immobilien steigt, stellt sich immer öfter die Frage: Lassen sich Bestandsimmobilien und Altbauten barrierefrei sanieren?
Dieser Artikel bietet Ihnen Antworten zu folgenden Fragen:
- Warum besteht die Notwendigkeit, Immobilien barrierefrei zu sanieren?
- Welche Barrieren sind in Bestandsimmobilien und Altenbauten besonders häufig?
- Welche Herausforderungen gibt es bei der barrierefreien Sanierung von Bestandsimmobilien?
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Hintergrund: Was spricht für die barrierefreie Sanierung von Bestandsimmobilien?
Für die meisten Menschen wird das Thema Barrierefreiheit erst dann aktuell, wenn sie älter werden. Dann kommt die Frage auf, ob man auch im Rentenalter in der bisherigen Immobilie bleiben kann oder ob ein Umzug in einen Neubau sinnvoll ist. Grundsätzlich ist es der leichtere Weg, in eine barrierefrei errichtete neue Immobilie umzuziehen. Allerdings ist diese oftmals nur schwer zu finden: Der Markt an bezahlbaren, barrierefreien Neubauimmobilien, die sich dann auch noch in der bisherigen Nachbarschaft befinden, ist in Städten und Ballungsgebieten sehr überschaubar. Im Ergebnis entscheiden sich viele Menschen daher für die barrierefreie Sanierung ihrer Immobilie.
Allerdings ist die nachträgliche barrierefreie Sanierung von Bestandsimmobilie und Altbauten mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Es ist in der Regel deutlich einfacher, günstiger und vor allem bequemer, wenn eine barrierefreie Sanierung vor dem Einzug in eine Immobilie durchgeführt wird. Daher ist es sinnvoll, wenn auch jüngere Immobilienerwerber bei der Sanierung der Immobilie auf die Umsetzung der Standards der Barrierefreiheit achten. Wenn die barrierefreie Sanierung durch versierte Partner durchführen wird, ist eine solche Sanierung in der Regel nicht deutlich teurer als eine „normale“ Sanierung. Zudem gibt es Fördermittel, Kredite sowie Zuschüsse, die bei der barrierefreien Sanierung von Immobilien beantragt werden können. Und schließlich bedeutet die barrierefreie Sanierung einer Immobilie stets eine Wertsteigerung. Aufgrund des geringen Angebots an barrierefreien Immobilien und zugleich der immer größer werdenden Gruppe der älteren Menschen, die auf ein barrierefreies Umfeld angewiesen sind, wächst die Nachfrage stetig.
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Überblick: Welche Barrieren gibt es in Bestandsimmobilien?
Welche Barrieren in Bestandsimmobilien bestehen, hängt davon ab, aus welcher baulichen Epoche die Immobilie stammt. Zudem macht es einen Unterschied, ob es sich um Einfamilienhäuser, Wohnungen, Stadthäuser oder Häuser auf dem Land handelt. Die Frage lässt sich also nicht allgemeingültig beantworten. Grundsätzlich gilt jedoch, dass in vergangenen Jahrzehnten das Bewusstsein dafür fehlte, dass Immobilien auch für Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen selbstbestimmt bewohnbar sein müssen. Die nachfolgend dargestellten Barrieren müssen daher nicht in allen Bestandsimmobilien vorhanden sein. Es handelt sich jedoch typische Barrieren, die sich in vielen Wohnungen und Einfamilienhäusern finden.
Eingangsbereiche: Zu enge Dielen und zu viele steile Treppen
Die ersten Barrieren bestehen bereits im Eingangsbereich. Dies betrifft Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser gleichermaßen. Oftmals gibt es vor den Haustüren Treppen. Auch wenn es nur ein oder zwei Stufen sind, stellt dies für Menschen mit einer Gehbehinderung, die auf Rollator oder gar Rollstuhl angewiesen sind, eine große oder sogar unüberwindbare Hürde dar.
Auch Eingangsbereiche, also der Bereich direkt hinter der Hau- oder Wohnungstür, sind in Bestandsimmobilien oft schmal und klein. Ein Rangieren mit Rollator oder Rollstuhl ist nahezu unmöglich. Für ein Abstellen des Rollators oder Rollstuhls ist in der Regel auch kein Platz. Wenn es „Kinderwagenräume“ in Mehrfamilienhäusern gibt, befinden diese sich oftmals nicht im Erdgeschoss. Damit sind sie für Menschen mit Gehbehinderung nicht gut nutzbar, um hier ihre Gehhilfe zu parken.
Viele ältere Mehrfamilienhäuser sind nicht mit Aufzügen ausgestattet. Dies betrifft insbesondere Gebäude mit maximal drei Stockwerken. Das bedeutet, dass nur die Wohnungen im Erdgeschoss für Menschen mit Gehbehinderung erreichbar sind. Kellerräume sind zudem ebenfalls nicht erreichbar. In älteren Einfamilienhäusern findet man oftmals schmale Flur und steile Treppen.
Badezimmer: Zu klein und ohne Dusche
Die meisten älteren Bestandsimmobilie und Altbauten sind mit recht kleinen Badezimmern ausgestattet. Denn diese Immobilien wurden in Zeiten gebaut, in denen es entweder noch gar keine Badezimmer in Häusern und Wohnungen gab oder aber Badezimmer rein funktionelle Räume waren. Erst in den vergangenen Jahren wurden vermehrt Immobilien geplant, bei denen Badezimmer im Stil von Wellnessoasen zu finden sind. Diese Badezimmer sind zwar meist auch nicht barrierefrei, sind jedoch groß genug, um sie barrierefrei umbauen zu können.
Wohn- und Schlafräume: Viele kleine, statt weniger großer Räume
Moderne Wohnkonzepte sehen oftmals offene Wohn-, Koch-, Essbereiche vor. Diese sind in der Regel allein deshalb (weitestgehend) barrierefrei, weil sie weitläufig sind. In älteren Bestandsimmobilien gibt es separate Räume für Küche, Wohne und Essen, die jeder für sich genommen zu klein sind, um ausreichend Rangierbereiche für Rollstuhl oder Rollator zu bieten.
Auch Schlafräume sind oftmals in Bestandsimmobilie so dimensioniert, dass hier das Aufstellen eines Pflegebettes mit ausreichend Platz rundherum nur selten möglich ist. Und wenn Räume größer sind, dann sind sie in älteren Immobilien oftmals verwinkelt.
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Schwellen, schmale Türöffnungen und kleine Balkone: Barrieren und Stolperfallen im Detail
In Bestandsimmobilien, vor allem aber in Altbauten, sind die Türöffnungen zum Teil sehr unterschiedlich breit: Zu den repräsentativen Räumen, als Wohn- und Esszimmern, sind die Türöffnungen hier meist recht breit. Dafür sind Türdurchgänge zu Küche und Bad oftmals so schmal, dass ein Durchkommen mit Rollator oder Rollstuhl nicht möglich ist. Außerdem gibt es oft kleine Schwellen, die leicht zu Stolperfallen werden. Diese Niveau-Unterschiede zwischen Räumen entstehen beispielsweise dadurch, dass im Laufe der Jahrzehnte in einigen Räumen neue Bodenbelege verlegt wurden und in anderen nicht.
In älteren Immobilien sind zudem die Zugänge zu Balkonen und Terrassen fast nie bodengleich, sondern es gibt Schwellen oder sogar Stufen. Auch die Balkone selbst sind oftmals so dimensioniert, dass hier ein Manövrieren mit Rollator oder Rollstuhl in der Regel kaum möglich ist. Ein weiteres Problem sind schwergängige Schiebetüren, die sich in vielen Bestandsimmobilien als Terrassen- oder Balkontüren finden.
Maßnahmen zur barrierefreien Sanierung: Diese baulichen Veränderungen sind sinnvoll
Welche baulichen Änderungen sinnvoll sind, hängt einerseits von der Immobilie und andererseits von den Bedürfnissen der (zukünftigen) Bewohner ab. Zudem sollte bedacht werden, dass es klare Regeln gibt, wann eine Immobilie „barrierefrei“ im rechtlichen Sinne ist. Wenn es um die Möglichkeit der Vermarktung der Immobilien als „barrierefrei“ geht, müssen diese Vorgaben unbedingt beachtet werden. Geht es um die Reduzierung von Barrieren in Bestandsimmobilien, um auch im Alter in der Immobilie selbstbestimmt leben zu können, müssen nicht alle Umbaumaßnahmen umgesetzt werden.
Diese Sanierungsmaßnahmen im Zuge der Barrierereduzierung sind bei Bestandsimmobilien und Altbauten fast immer erforderlich und sinnvoll. Es handelt sich nicht um eine abschließende Auflistung:
- Anbringen von Haltegriffen oder Geländern im Eingangsbereich, wenn dort Stufen sind
- Bau einer Rampe, um Stufen im Eingangsbereich zu überwinden, wenn dies räumlich möglich ist.
- Beidseitige Geländer bei Treppen sowie Aufbringen eines rutschfesten Belags auf Treppenstufen
- Einbau eines Treppenlifts, der im Optimalfall bis in den Keller reicht.
- Optische Markierung, die den Beginn einer Treppe gut sichtbar macht.
- Zusammenlegen von mehreren kleine zu einem größeren Raum: Das betrifft meist Küche und Wohn-Esszimmer sowie das Bad. Beim Badezimmer muss meist ein Teil des Flurs oder eines angrenzenden Raumes genutzt werden, um das Badezimmer zu vergrößern. Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, zwei angrenzende Badezimmer (Bad und Gäste-WC) zusammenzulegen.
- Einbau einer bodengleichen Dusche im Badezimmer.
- Anbringen von Haltegriffen im Badezimmer.
- Einbau von neuen Balkon- oder Terrassentüren, die ohne Schwellen auskommen.
- Verbreiterung von Türdurchgängen, wenn diese zu schmal für einen Rollator oder – wenn benötigt – einen Rollstuhl sind.
- Montage von gut erreichbaren Fenstergriffen und Lichtschaltern.
- Einbau einer Gegensprechanlage an der Wohnungs- oder Haustür.
Wichtig: Bei Mehrfamilienhäusern dürfen Umbauten nur in der eigenen Wohnung erfolgen. Umbauten am Gemeinschaftseigentum (Eingangsbereich, Flur, Treppenhaus) dürfen nicht unabgestimmt erfolgen.
Problemfälle: Spezifische Hürden bei der barrierefreien Sanierung in Bestandsimmobilien
Bei Bestandsimmobilien treten oftmals die folgenden Hindernisse auf, die eine barrierefreie Sanierung erschweren oder – in Teilen – gar unmöglich machen. Dies trifft umso mehr auf Altbauten oder Gebäude zu, die unter Denkmalschutz stehen. Umbaumaßnahmen können dann mitunter kostenintensiv werden oder rechtlich beziehungsweise statisch gar nicht möglich sein.
- Bodengleiche Dusche: Ob in einem Raum eine bodengleiche Dusche eingebaut werden kann, hängt von der Beschaffenheit des Fußbodens ab. Bei einem Einfamilienhaus mit Keller gibt es dann die Möglichkeit, ein Badezimmer mit bodengleicher Dusche im Erdgeschoss einzubauen. Denn hier kann die Entwässerung der Dusche durch die Kellerdecke nach unten verlegt werden. In Etagenwohnungen gibt es diese Möglichkeit nicht. Hier müsste ein Bodenaufbau im Badezimmer erfolge und eine Rampe ins Badezimmer errichtet werden. Dies ist teuer, platzaufwändig und kann an statischen Aspekten scheitern.
- Verbreiterung von Fluren / Zusammenlegen von Räumen: Bei Bestandsimmobilien muss bei der Umgestaltung des Grundrisses, um eine Barrierefreiheit zu erzielen, immer auf die Statik geachtet werden. Denn tragende Wände zu entfernen und dabei die Lasten ausreichend abzufangen, ist mit einem enormen Aufwand verbunden. In einer Etagenwohnung wird dies fast nie möglich sein, da die Eigentümergemeinschaft einem solchen Umbau meist nicht zustimmen werden.
- Vergrößerung der Fenster: Ein weiterer wichtiger Aspekt der Barrierefreiheit ist Helligkeit. Hierfür muss in Bestandsimmobilien meist eine Vergrößerung der Fensterflächen erfolgen. Bei Mehrfamilienhäusern ist dies in der Regel nicht zulässig. Noch schwieriger wird dies bei Immobilien, die unter Denkmalschutz stehen.
Fazit
Auch in Bestandsimmobilien lassen sich – bis zu einem bestimmten Grad – Barrieren abbauen. Eine barrierefreie, oder zumindest barrierereduzierende, Sanierung ist dabei meist in Einfamilienhäusern einfacher als in Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Besonders groß wird die Herausforderung in Altbauten und Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Wegen des großen Aufwands ist es sinnvoll, die barrierefreie Sanierung bereits vor dem Einzug durchzuführen – auch, wenn die Immobilienerwerber dann noch keine barrierefreie Immobilie benötigen. Später ist der Aufwand meist deutlich größer, unter Umständen müssen die Bewohner sogar für den Zeitraum der Sanierung aus der Immobilie ausziehen. Außerdem bieten barrierefreie oder barrierereduzierte Immobilien gerade auch Familien mit kleinen Kindern viele Vorteile.
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